Gehörschutz ist schon lange ein fester und unverzichtbarer Teil der Persönlichen Schutzausrüstung. Entsprechend umfangreich ist mittlerweile das Angebot an unterschiedlichen Varianten beim Gehörschutz. Was es bei der Wahl des richtigen Gehörschutzes zu beachten ist, erläutert Amandus Bresch, Spezialist für Kopfschutz beim zur Hultafors Gruppe gehörenden Hersteller Hellberg.
Herr Bresch, Gehörschutz ist ja heutzutage wesentlich mehr als lediglich ein paar „Micky Mäuse“ aufzustülpen. Können Sie bitte zunächst einmal den Unterschied zwischen passivem und aktivem Gehörschutz erläutern?
Amandus Bresch: Passiver Gehörschutz bildet eine Barriere zwischen der Lärmquelle und dem Gehör. Aktiver Gehörschutz macht das auch, aber nicht nur. Zusätzliche Mikrofone nehmen die Umgebungsgeräusche auf und geben sie über Lautsprecher ans Gehör weiter. Allerdings werden die Lautsprecher nicht lauter als 82 dB. So bleibt man vor Impulslärm geschützt und kann sich in den Lärmpausen sehr gut mit seiner direkten Umgebung verständigen. Den Moment, in dem man diese Technik zum ersten Mal erlebt, nenne ich den „goldenen Hellberg-Moment“.
Gibt es beim Gehörschutz ausgewiesene Leistungsunterschiede?
Bresch: Ja. Die meisten Hersteller bieten Produkte in drei Stufen an, von denen Stufe 1 die geringste und Stufe 3 die höchste Dämmleistung aufweist. Orientierung bietet auch der SNR-Wert (Signal-Rausch-Wert, Anm. d. Red.): Je höher, desto mehr Dämmleistung. Sind Frequenz und Lautstärke genau bekannt, lassen sich mit den HML-Werten oder den Dämmwert-Tabellen noch bessere Produktempfehlungen geben.
Verfügt ein Gehörschutz auch über unterschiedliche Größen für Leute mit kleinen oder großen Ohren?
Bresch: Bei Stöpseln kennen wir unterschiedliche Größen für unterschiedlich große Gehörgänge. Bei Kapseln gibt es eigentlich keine Probleme. Selbst Piercings oder Hörgeräte finden genügend Platz unter den Kapseln.
Was muss ein idealer Gehörschutz heute leisten, wenn sich das unabhängig von der jeweiligen Tätigkeit erläutern lässt?
Bresch: Neben dem Schutz vor Lärm kann Gehörschutz heute vielfältige Möglichkeiten für Kommunikation im Lärmbereich bieten. So gibt es neben dem aktiven Gehörschutz auch eingebaute Funkgeräte und Bluetooth-Verbindungen in hervorragender Qualität.
Viele Anbieter bieten Komplettpakete mit Helm, Gehörschutz und Brille, also den kompletten Kopf- und Gesichtsschutz. Sind diese praktisch oder sollte man besser nach seinen eigenen Vorlieben und der Leistungsfähigkeit der Produkte kombinieren?
Bresch: Komplettpakete sind gut aufeinander abgestimmt, häufig aber auch in ihrer Vielfalt limitiert. Möchte man den Visiertyp wechseln, kann es passieren, dass man auch den Träger wechseln muss. Möchte man auf kommunikativen Gehörschutz wechseln, findet man ihn im Zubehör nur äußerst selten. Schließlich ist der Nachkauf von Verschleißteilen in Paketen oft schwierig oder kostspielig.
Wie gelingt es Hellberg, dass der Gehörschutz des Unternehmens zu so vielen Helmen kompatibel ist?
Bresch: Fast alle Helm-Hersteller bieten den 30mm-Slot, das sind die Schlitze seitlich am Helm, oder entsprechende Adapter an. Dies ist eine weit verbreitete Aufnahme am Helm zur Anbringung von Zubehör. Wir haben die Kompatibilität zu über 50 Helmen unterschiedlichster Hersteller geprüft. Die Liste wird ständig aktualisiert und auf unserer Homepage bereit gestellt.
Was bedeutet das Baukastensystem von Hellberg? Welche Vorteile bietet es?
Bresch: Hellberg Safety hat keinen eigenen Helm, dafür aber ein Kopfschutz-Baukasten-System. Über den 30mm-Slot kommen wir an fast jeden Helm. Mit zehn verschiedenen Visieren, sechs verschiedenen Trägern und einem Dutzend verschiedener Gehörschützer, da passt alles zusammen. Jeder findet eine Lösung für seine individuelle Anwendung. So hat er die notwendige Ruhe im Kopf, um sicher und effizient arbeiten zu können. Auch unsere Schutzbrillen sind auf die Kombination mit Kapselgehörschutz abgestimmt und haben besonders flache und eng anliegende Bügel. Durch Brillenbügel verursachte Leckage an den Kissen der Kapseln wird so minimiert.
Gibt es eigentlich Gehörschutz, der mich vor Lärm bewahrt, es aber dennoch ermöglicht, mich verbal zum Beispiel vor einer Gefahr zu warnen?
Bresch: Aktiver Gehörschutz eignet sich dafür in vielen Situationen und auf jeden Fall besser als passiver. Gehörschutz mit Funktechnik oder einer Bluetooth-Schnittstelle kann das sogar bei permanentem Lärm sehr gut.
Herr Bresch, besten Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Camillo F. Kluge
Amandus Bresch
… ist Fachmann für PSA rund
um den Kopf.
HELLBERG SAFETY
Das schwedische Unternehmen Hellberg Safety stellt Schutzausrüstung für Kopf, Augen, Gesicht und Ohren her. Persönliche Schutzausrüstung für alle, die in extrem lauten und gefährlichen Umgebungen tätig sind, zu optimieren, lautet die Unternehmensaufgabe. Das Unternehmen, dass in 2022 60 Jahre alt wird, gehört seit 2018 zur Hultafors Gruppe.