Ab 2029 verbindet der Fehmarnbelt-Tunnel Deutschland und Dänemark miteinander. Mit dem Bau entsteht ein umweltfreundlicher Verkehrskorridor mit elektrifizierter Eisenbahn und durchgängiger Straßenverbindung, der Skandinavien und Mitteleuropa näher zusammenrücken lässt. Gleichzeitig erspart der Tunnel dem Transitverkehr zwischen Hamburg und Kopenhagen einen Umweg von 160 Kilometern, Zeit, Treibstoff und CO2-Emissionen. Zudem stärkt die neue direkte Bahnverbindung über den Fehmarnbelt den umweltschonenden Schienengüterverkehr.
Seit mittlerweile drei Jahren laufen die Bauarbeiten am Tunnel auf Hochtouren. Er wird als Absenktunnel gebaut und besteht aus insgesamt 89 Tunnelelementen, die in einer eigens dafür errichteten Tunnelelementfabrik in Rødbyhavn hergestellt werden. Ab 2024 sollen diese Elemente in einen 18 Kilometer langen Tunnelgraben, der momentan von Spezialarbeitsschiffen ausgehoben wird, abgesenkt werden.
Gleichzeitig wird auch an den Tunnelportalen, also der jeweiligen Einfahrt in den Tunnel, auf deutscher und dänischer Seite gearbeitet. Insgesamt wird auf der dänischen Insel Lolland auf über 500 Hektar in der Tunnelelementfabrik, am Tunnelportal, im Arbeitshafen und an Landgewinnungsflächen gebaut. Auf deutscher Seite ist die Baustelle mit einer Größe von etwa 100 Hektar deutlich kleiner. Neben dem Tunnelportal und einem Arbeitshafen entstehen dort drei Brückenbauwerke, damit Straße und Schiene künftig in den Fehmarnbelt-Tunnel führen können.
Sicherheit an erster Stelle
Verantwortlich für die Planung, den Bau und den späteren Betrieb des Tunnels ist die staatliche, dänische Projektgesellschaft Femern A/S. Grundlage dafür ist der 2008 von Deutschland und Dänemark unterzeichnete Staatsvertrag für eine Fehmarnbelt-Querung. Als Bauherrenorganisation trägt Femern A/S die Gesamtverantwortung für Sicherheit und Gesundheit beim Fehmarnbelt-Projekt und überwacht, dass die beauftragten Unternehmen die Arbeitsplätze und Arbeitsverfahren so ausgelegt haben, dass das Arbeitsumfeld und die Sicherheit an erster Stelle stehen. Dabei hat Femern A/S sich zum Ziel gesetzt, eine der sichersten Großbaustellen Europas zu sein.
Um das zu schaffen, stellen sich der dänische Bauherr und die beauftragten Unternehmen gemeinsam den Anforderungen, die das grenzüberschreitende Baugeschehen mit sich bringt. Ihr oberstes gemeinsames Ziel: Am Ende des Tages sollen alle, die am Projekt mitarbeiten, wieder heil nach Hause kommen. Dafür wird bei Femern A/S im Bereich Arbeitsschutz eine Strategie mit verschiedenen Schwerpunkten verfolgt. Fokus wird dabei insbesondere auf den Aufbau einer Arbeitskultur gelegt, die Gesundheitsschutz und Sicherheit fördert.
Spezifisch entwickelte Materialien
Regelmäßige Kampagnen sorgen dafür, dass alle Beschäftigten ein erhöhtes Sicherheitsbewusstsein entwickeln. Der Ausgangspunkt liegt dabei stets in der Initiative „Target Zero – A State of Mind“, die Femern A/S initiiert hat, um einen hohen Standard im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu gewährleisten.
Mit den Kampagnen können mögliche Gefahrensituationen und die Prävention regelmäßig ins Gedächtnis gerufen werden. Spezifisch entwickelte Materialien wie animierte Videos, Handouts und Poster zeigen potentielle Risiken und Vorschläge, wie mögliche Verletzungen vermieden werden können. Neben deutschen und dänischen Sprachfassungen werden sie auch ins Englische und Polnische übersetzt. Auf diese Weise erreicht das Thema Arbeitssicherheit viele Menschen ohne eine zusätzliche Sprachbarriere. Auf dieser Grundlage wurden im Jahr 2022 zwei Kampagnen durchgeführt, in denen Stürze aus geringer Höhe sowie das Arbeiten in der kalten Jahreszeit thematisiert wurden.
Vom Arbeiten in geringer Höhe spricht man bei Tätigkeiten, die in ein bis zwei Meter ausgeführt werden. Sieben von zehn Unfällen bei der Arbeit in der Höhe lassen sich darauf zurückführen. Eine speziell auf dieses Thema ausgerichtete Kampagne hat alle Mitarbeitenden darin geschult, potenziell gefährliche Situationen rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. Neben der Verteilung von Informationsmaterial an die Beschäftigten fanden insgesamt vier Informationsveranstaltungen mit über 700 Personen statt. Bei diesen Veranstaltungen konnten die Teilnehmer ihr Wissen zu dem sicheren Arbeiten auf Gerüsten, dem Umgang mit Absturzsicherungsausrüstung und dem sicheren Zugang zu großen Arbeitsmaschinen testen. Außerdem wurden Sicherungsmaßnahmen vor Stürzen aus geringer Höhe in verschiedenen praktischen Arbeitssituationen demonstriert.
Pop-up-Veranstaltungen mit Quiz
Da auf einer Baustelle unter freiem Himmel auch die Witterungsbedingungen einen Einfluss auf die Arbeitssicherheit haben können, wurde über den Winter 2022/2023 hinweg die Kampagne „Bereit für den Winter“ umgesetzt. Dabei sind die wichtigsten Aspekte der Arbeitssicherheit in der kalten Jahreszeit mit Hilfe von Postern, Roll-up-Bannern und Videos hervorgehoben worden. Gemeinsam mit den beauftragten Unternehmen hat Femern A/S ab November 2022 außerdem Pop-up-Veranstaltungen organisiert. In diesem Rahmen wurden ein Film zum Thema gezeigt und zusätzlich zur normalen Winterkleidung Halswärmer verteilt, die die Beschäftigten vor Kälte schützen. Jede Veranstaltung endete mit einem kleinen Quiz mit Fragen zur Arbeitssicherheit im Winter.
Mit jedem Baufortschritt und damit einhergehenden Tätigkeiten wird auch der Fokus kommender Arbeitssicherheit-Kampagnen angeglichen. Einfluss darauf hat auch die Auswertung der Arbeitsunfälle und Beinaheunfälle auf der Baustelle. Anfang 2023 hat sich auf den Baustellen des Fehmarnbelt-Tunnels gezeigt, dass etwa die Hälfte der Arbeitsunfälle, die mehr als einen Krankheitstag zur Folge haben, auf Verletzungen der Hände oder Finger zurückzuführen sind. Grund genug für Femern A/S und die beiden großen Baukonsortien, Fehmarn Belt Contractors (FBC) und Fehmarn Link Contractors (FLC), eine Kampagne zu entwickeln, die sich mit dem Risiko einer Hand- und Fingerverletzung beschäftigt.
Herzstück der Kampagne ist ein Animationsfilm. Dieser zeigt anhand konkreter Beispiele von der Baustelle des Fehmarnbelt-Tunnels, wie Verletzungen an Händen und Fingern durch den richtigen Umgang mit Werkzeug, Arbeitsgeräten und im Umgang mit Bewehrungsstahl verhindert werden können. Damit er von möglichst vielen Arbeitern gesehen wird, wird er auf verschiedenen mobilen Bildschirmen auf der gesamten Baustelle abgespielt.
Strategie zeigt Erfolg
Neben dem Sicherheitsbewusstsein, das im Rahmen von Schulungen und Kampagnen gestärkt wird, ist das Monitoring im Bereich der Arbeitssicherheit ein weiterer Aspekt, um einen sicheren Arbeitsplatz für alle Beschäftigten zu gewährleisten. Als Teil des Monitoring-Systems finden regelmäßige Inspektionen und Besprechungen mit den beauftragten Unternehmen auf der Baustelle statt. Auf diese Weise werden mögliche Problemstellen schnell identifiziert, gemeinsam Lösungen erarbeitet und die Verbesserungen schnell umgesetzt.
Der Erfolg dieser Strategie hat sich Anfang 2023 gezeigt. Im Januar 2023 konnte das am Bau des Fehmarnbelt-Tunnels beteiligte Konsortium Fehmarn Belt Contractors (FBC) einen bedeutenden Meilenstein erreichen. Das niederländische Konsortium, das derzeit den 18 Kilometer langen Tunnelgraben aushebt, konnte bis Januar 2023 drei Millionen Arbeitsstunden ohne schweren Arbeitsunfall verzeichnen. Konkret bedeutet dies, dass sich bei drei Millionen Arbeitsstunden kein Unfall ereignet hat, bei dem ein Mitarbeiter mehr als einen Tag ausgefallen ist. Laut Statistiken des dänischen Arbeitgeberverbands für das Baugewerbe liegt der Durchschnitt für ein vergleichbares Arbeitsvolumen bei mehr als 78 Arbeitsunfällen in Dänemark.
Als Bauherr möchte Femern A/S mit gutem Beispiel vorangehen und gemeinsam mit den beauftragten Unternehmen die Arbeitssicherheit auf der Baustelle kontinuierlich verbessern. Ein starkes Bewusstsein beim Thema Arbeitsschutz und die enge Zusammenarbeit mit allen Beteiligten ist dafür unerlässlich. Daher fördert der Bauherr den regelmäßigen Wissensaustausch zwischen den am Projekt beteiligten Unternehmen und trägt zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch mit anderen öffentlichen Bauherren bei. Auf diese Weise können die gewonnenen Erfahrungen bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung der Sicherheitskultur über die Baustelle am Fehmarnbelt hinaus genutzt werden – damit am Ende des Tages alle Beschäftigten wieder heil nach Hause kommen.