Auf Baustellen wird gebohrt, gesägt, gestemmt, geschliffen oder auch gefräst. Dabei entstehen Baustäube. Über die Auswirkungen der verschiedenen Baustäube, die bei der Be- oder Verarbeitung von mineralischen Materialien entstehen können, und wie man sich vor diesen schützen kann, darüber klärt Florian Tiemann von der Deconta Group in diesem Fachbeitrag auf.

Baustäube sind eine Zusammenfassung aller freigesetzten Staubarten, die bei Arbeiten in der Baubranche entstehen können. Sie bestehen aus einem Gemisch aus Luft, Partikeln und ggf. auch Fasern. Diese werden bei mechanischer Bearbeitung von Oberflächen verschiedenster Materialen freigesetzt. Das kann durch Bohren, Stemmen, Schleifen oder Fräsen erfolgen. Die Bestandteile des Staubgemisches unterscheiden sich ja nach Teilchengröße, -form, biologisch-toxischen und physikalischen Eigenschaften. Unterteilt werden die Stäube in drei Kategorien:
einatembare Stäube (E-Stäube):
Mit einer Partikelgröße ≤ 100 Mikrometer können diese Stäube über Nase und Mund eingeatmet werden. Üblicherweise sind dies Stäube die gut sichtbar sind.
alveolengängige Stäube (A-Stäube):
Mit einer Partikelgröße ≤ 5 Mikrometer können diese Stäube bis in die Lungenbläschen, die sogenannten Alveolen vordringen. Meist entstehen diese Stäube durch mechanische Bearbeitung.
ultrafeine Stäube (U-Staub):
Mit einer Partikelgröße ≤ 100 Nanometer werden sie auch als Nanopartikel bezeichnet. Ultrafeine Staubteilchen sind enthalten in Schweißrauchen, Polymerrauchen, technischen Ruße oder auch Dieselmotoremissionen. Aber auch bei Nanotechnologie, die unter anderem bei Lacken, Beschichtungen und Anstrichen zum Einsatz kommt.
Bei den überwiegenden Baustäuben handelt es sich um mineralische Stäube. Diese entstehen insbesondere bei der Gewinnung, Be- oder Verarbeitung natürlich vorkommender Mineralien und Gesteine, wie Granit, Basalt, Diabas oder auch Kalkstein. Eine chronisch schädigende Wirkung kann z. B. Quarzfeinstaub entfalten. Quarzfeinstaub bezeichnet die lungengängige (alveolengängige) A-Staubfraktion des kristallinen Siliziumdioxids. Beispiele für besonders quarzhaltige Gesteine sind Sandstein, Granit, Kalkstein, Ton und Porzellanmasse.
Somit erfolgt eine Freisetzung von nicht unrelevanten Mengen an quarzhaltigen Stäuben bei der Herstellung keramischer Produkte, dem Abbau von Steinen, Sanden und Erden, im Tunnelbau, der Glasindustrie, der Metallverarbeitung bis zu diversen Gewerken beim Bauen im Bestand wie der Be- und Verarbeitung von Beton und Estrich. Eine dauerhafte hohe Belastung mit quarzhaltigen Baustäuben kann über einen längeren Zeitraum Erkrankungen wie chronische Bronchitis, Staublungenkrankheiten oder gar Lungenkrebs hervorrufen.
Begrenzung der zulässigen Aufnahmedosis
Mit Inkrafttreten der Gefahrstoffverordnung von 2005 wurde ein Grenzwertkonzept eingeführt, welches auf Arbeitsplatzgrenzwerten (AGW) für achtstündige Arbeitsschichten beruht. Die geltenden AGW sind in der technischen Regel für Gefahrstoffe 900 (kurz TRGS 900) zusammengestellt. Es erfolgte eine Begrenzung der zulässigen Aufnahmedosis für A-Stäube auf 1,25 mg/ccm und für E-Stäube auf 10 mg/ccm.
Beachtet man jedoch einige wenige Regeln, kann eine Staubbelastung effektiv verringert werden. Mit staubarmen Arbeitsverfahren und Maschinen zum Beispiel mit Absaugung, Nassbearbeitung oder auch geringer Umfüllhöhe beim Leeren von Sackware, werden die Staubentstehungs-Quellen geringer. Nach Möglichkeit ist die Verwendung von staubenden Materialien zu reduzieren oder durch nicht staubende zu ersetzen. Es empfiehlt sich das Absaugen von Stäuben direkt an der Entstehungsstelle. Zudem sollte möglichst mit abgeschotteten Bereichen oder in geschlossenen Anlagen gearbeitet werden. In den Arbeitsräumen muss für ausreichend Lüftung gesorgt werden, bei Bedarf unter Verwendung einer technischen Lüftung. Abfälle sind möglichst sofort und staubfrei zu entsorgen, bei Bedarf unter Einsatz von Industriestaubsaugern. Besen sollten nicht verwendet werden, da durch das Fegen die Stäube erneut aufgewirbelt werden, die bis zu acht Stunden in der Raumluft schweben, bis sie wieder auf Oberflächen zum Liegen kommen.
Lassen sich aus arbeitstechnischen Gründen die genannten Maßnahmen nicht realisieren, sind persönliche Schutzausrüstungen gemäß Anlage 3 der technischen Regel für Gefahrstoffe 559 „Quarzhaltiger Staub“ (TRGS 559) zu benutzen. Üblicherweise sind Halbmasken mit Partikelfilter der Kategorie P2 oder filtrierende Halbmasken FFP2 ausreichend.
Besondere Sach- und Fachkenntnisse erforderlich
Liegen jedoch Kombinationen von quarzhaltigen Stäuben mit anderen Gefahrstoffen vor, wie durch PCB-haltige Anstriche oder Lacke, asbesthaltige Putz- oder Spachtelmassen und Fliesenkleber, Blei- und/oder Chrom-VI-haltige Korrosionsbeschichtungen, sind weitere zum Teil deutlich umfangreichere Schutzmaßnahmen und sogar besondere Sach- und Fachkenntnisse des Personals erforderlich. Bei Vorhandensein wasserlöslicher Substanzen muss auch eine geeignete Wasserfiltrierung geplant werden.
Ergänzende technische Regeln für zusätzlich vorhandene Gefahrstoffe können dann unter anderem die TRGS 519 (Asbest), TRGS 521 (alte künstliche Mineralfasern), TRGS 524 (PCB, etc.), TRGS 551 (Teer, PAK), TRGS 559 (Blei) sein. Vor der Aufnahme einer geplanten Tätigkeiten ist daher unbedingt eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und seitens des Veranlassers ein Nachweis über die Gefahrstofffreiheit im Arbeitsbereich einzufordern. Ist dies nicht vorhanden, ist ein Schadstoffgutachter für eine sachkundige Beurteilung der Gefahrstoffsituation einzubinden. Dieser kann dann auch die entsprechenden Schutzmaßnahmen im Detail definieren.
Erfahrungsgemäß sind persönliche und technische Schutzmaßnahmen unumgänglich. Handwerksunternehmen im Bereich Bauen im Bestand können bei der Anschaffung dieser Schutzmaßnahmen durch die BG Bau bezuschusst werden. Die BG BAU bietet dabei Fördermöglichkeiten zu zahlreichen staubmindernden Techniken wie etwa Abbruchhammer und andere Handgeräte mit Absaugung, Entstauber, Luftreiniger, Staubschutztüren und 1-Kammer-Schleusen.
Florian L. Tiemann
… ist technischer Berater bei Deconta. Der Bauingenieur hat sich auf den Bereich der Gebäudeschadstoffe spezialisiert und besitzt die Sach- und Fachkunde nach TRGS 519, TRGS 524 und DGUV-R 101-004. Vor seiner Tätigkeit bei Deconta war er bei verschiedenen Ingenieurbüros als Sachverständiger für Gebäudeschadstoffe tätig und verfügt auch über praktische Erfahrungen als Projektleiter bei einem Sanierungsunternehmen.
BG BAU fördert Bauen im Bestand
Für einen umfangreichen Schutz kann hier unter anderem das „Schutzpaket für das Bauen im Bestand“ in Anspruch genommen werden. Hier gilt, dass pro Antrag 50 Prozent der Anschaffungskosten, bis maximal 5.000 €,
beitragsunabhängig gefördert werden.
Das BG BAU Förderpaket beinhaltet:
- Handmaschinen mit Absaugung
- Bau-Entstauber der Staubklasse H
- Luftreiniger oder Unterdruckhaltegeräte der Staubklasse H
- Staubschutztür in faltbarer Ausführung
- 1-Kammer-Personenschleuse
- 50 Stk. Einweganzüge Kat III Typ 5/6
- 10 Stk. Halbmasken mit P3 Filter
Neben diesen Bestandteilen des BG-Förderpakets sind „Grundkenntnisse Asbest“ von mindestens 50 Prozent der Beschäftigten des antragstellenden Unternehmens nachzuweisen. Erfolgen kann dies online über die e-Learning-Anwendung der BG BAU oder über bereits vorhandene Sachkundenachweise nach TRGS 519.
Dieses Staubschutzpaket kann ein wirkungsvoller Schutz vor diversen Stäuben sein um sich selbst, Dritte und die Umwelt ausreichend vor gefährlichen Substanzen zu schützen. Zudem werden aufwendige Reinigungsarbeiten von Handwerksgeräten reduziert und die Kundenzufriedenheit gesteigert, da gerade bei Umbaumaßnahmen in genutzten Wohnungen und Häusern die Staubfreisetzung auf den Arbeitsbereich begrenzt werden.