Die Zusammenarbeit in einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) bei großen Infrastrukturprojekten ist ein komplexes Unterfangen, das besondere Herausforderungen mit sich bringt. Unterschiedliche Interessen, verschiedene Unternehmenskulturen und zahlreiche Schnittstellen erfordern eine durchdachte Vorgehensweise, um das gemeinsame Ziel effizient zu erreichen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der digitalen Transformation der Prozesse und der Anwendung von LEAN-Prinzipien, weiß man bei Porr.
LEAN-Prinzipien ermöglichen es, eine einheitliche Datenbasis innerhalb einer ARGE zu schaffen, den Informationsfluss zu verbessern und eine nahtlose Kooperation zu unterstützen. Was in der Theorie nach einem einfachen Erfolgsrezept klingt, ist in der Praxis eine große Aufgabe. Sie erfordert kluge Köpfe, geeignete Technologien und das Ziehen an einem Strang. Ein Beispiel dafür ist das Projekt B3 Südschnellweg in Hannover.
Historische Verkehrsachse saniert
In Hannover wird seit 2023 die historische Verkehrsachse B3 saniert. Die ARGE Südschnellweg Hannover, bestehend aus den Porr Leistungsbereichen Ingenieurbau und Spezialtiefbau sowie der Hagedorn Unternehmensgruppe wurde von der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr mit dem ersten großen Abschnitt der Modernisierung des Südschnellwegs beauftragt. Im Zuge der Sanierung wird die bestehende Brücke über die Hildesheimer Straße und die Schützenallee im Stadtteil Döhren durch eine Unterquerung ersetzt. Dazu errichtet die ARGE zunächst eine 940 Meter lange Behelfsbrücke parallel zur Hochstraße, um dann die bestehende Brücke abzubrechen. Anschließend wird ein 1.100 Meter langer Straßentunnel mit Rampenbauwerken zur Unterquerung der Hildesheimer Straße und der Schützenallee angelegt.
In der komplexen Welt großer Infrastrukturprojekte sind Datenintegration und -transparenz entscheidende Erfolgsfaktoren. Die Fähigkeit, Daten aus verschiedenen Quellen zu sammeln, zu verknüpfen und in Echtzeit zu analysieren, ermöglicht es Projektteams, fundierte Entscheidungen zu treffen und Risiken zu minimieren. Digitale Werkzeuge wie Building Information Modeling (BIM) spielen dabei eine Schlüsselrolle, indem sie eine kollaborative Plattform bieten, auf der alle Beteiligten Zugang zu allen Informationen und dem aktuellen Projektstand haben. Dies fördert nicht nur die Effizienz und Produktivität, sondern schafft auch die Grundlage für Innovationen, indem komplexe Datenmuster erkannt und darauf aufbauend strategische Entscheidungen getroffen werden können.
Zentrale Datenhaltung
In einer ARGE ermöglicht die zentrale Datenhaltung eine reibungslose Kommunikation und Koordination zwischen den Partnern – die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Durch die Nutzung digitaler Technologien können alle Beteiligten in Echtzeit auf dieselben Informationen („Single Source of Truth“) zugreifen, was Missverständnisse reduziert und die Projektabwicklung beschleunigt. Zudem erleichtert die digitale Transformation die Einhaltung von Zeitplänen und Budgets, da potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden können.
Auch das Projektteam der ARGE B3 Südschnellweg stand zu Beginn des Projektes vor der großen Herausforderung, die verschiedenen Schnittstellen der Zusammenarbeit auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. „Eine große Aufgabe im Vorfeld war es, die unterschiedlichen Unternehmens- und Arbeitsstrukturen auf einen Standard festzulegen und zu etablieren. Unterschiedliche Anforderungen an Qualitätsmanagement und Dokumentation sind nur einige der Stellschrauben, die im Projekt reibungslos funktionieren müssen“, erklärt Porr-Projektleiter Konstantin Jury.
Dokumente gemeinsam bearbeiten
Die Digitale Bauakte (DBA) ermöglicht eine Datenintegration und transparente Datenhaltung für alle Projektbeteiligten. Dokumente sind somit unternehmensübergreifend für alle Projektbeteiligten zugänglich und können gemeinsam bearbeitet werden. „Für die Einführung und Umsetzung waren Menschen mit dem gleichen Mindset, die das Thema digitales Datenmanagement vorantreiben, erforderlich. Ebenso ist ein hohes Maß an Geduld und Kontrolle notwendig. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, kann der Mehrwert ausgeschöpft werden“, so Jury. Für die Sicherheit der Daten sorgt im Projekt Südschnellweg ein zweistufiges System. „Wir arbeiten auf unserem firmeneigenen Sharepoint, also in der Cloud. Darüber hinaus ist ein zweiter, zentraler Ordner mit Zugriffsbeschränkung für den ARGE-Partner freigegeben, damit wir sicherstellen, dass unsere firmeninternen Dokumente nicht frei zugänglich sind“, erläutert Jury.
Datenhaltung und Datenmanagement mit der digitalen Bauakte ist vor allem eines: Eine Arbeitsweise, die nach LEAN-Prinzipien funktioniert. „Die Vorteile liegen unter anderem in der schnellen Entscheidungsfindung. Nur wenn die Datenhaltung gepflegt ist und aktuelle Informationen als „Single Source of Truth“ zur Verfügung stehen, kann eine belastbare Entscheidung getroffen werden. Daten-Nirwana und Fehlerquellen durch unterschiedliche Dateiversionen werden so beseitigt. Wir arbeiten mit allen Projektbeteiligten zeit-, orts- und firmenunabhängig eng und effizient zusammen und gewährleisten so dem Bauherrn Sicherheit in der Projektabwicklung“, zählt Jury einige Vorteile auf.
Komplexe Zusammenhänge sofort begreifbar
Die tägliche Arbeit zeigt, dass eine eindeutige Kommunikation sowie eine schnelle Vermittlung vielschichtiger Informationen elementar für den Projekterfolg sind. Neben der digitalen Bauakte stellt im Projekt Südschnellweg der Einsatz von BIM diese Anforderung sicher. 3D- bis 5D-Modelle machen komplexe Zusammenhänge für jedes Projektmitglied unmittelbar begreifbar, minimieren Fehler und verkürzen die Planungszeiten.
Die digitale Datenhaltung hat neben den oben genannten Vorteilen noch ein weiteres Plus: Sie ermöglicht eine zentrale und transparente Verwaltung aller relevanten Dokumente und Informationen, die zur Einhaltung der Sicherheitsvorschriften erforderlich sind. Sicherheitsprotokolle und -richtlinien werden effizienter kommuniziert, aktualisiert und von allen Beteiligten eingesehen. Dies führt zu einer verbesserten Koordination und Überwachung der Sicherheitsmaßnahmen auf der Baustelle Südschnellweg.
FAZIT
Die Digitalisierung ist ein wesentlicher Faktor für die Effizienzsteigerung in der Zusammenarbeit von Arbeitsgemeinschaften bei großen Infrastrukturprojekten. Die Anwendung digitaler Werkzeuge wie Building Information Modeling (BIM) und die Nutzung der digitalen Bauakte verbessern Datenintegration und Transparenz, was eine reibungslose Kommunikation und Koordination zwischen den Partnern ermöglicht. Das Beispiel des B3 Südschnellwegs in Hannover zeigt, wie wichtig die digitale Transformation für eine erfolgreiche Projektumsetzung ist, insbesondere in Bezug auf Zeitmanagement, Budgetkontrolle und Arbeitssicherheit.