Für alle, die mehr Aufmerksamkeit auf die Arbeitssicherheit im Betrieb lenken möchten, gibt es ein neues Tool – das Story Kit von Röder EHS Consulting. Dabei handelt es sich um ein Kartenset mit Inspiration und Struktur für gute Arbeitsschutzgeschichten. Mit dem Story Kit wird Erfahrungswissen sichtbar, es stärkt das Safety Mindset und Risikobewusstsein der Mitarbeiter und fördert zwanglose Gespräche über Arbeitsschutz. So wird über Arbeitsschutz gesprochen, auch wenn gerade kein Unfall passiert ist bzw. bevor etwas passiert.
Das Story Kit basiert auf Storytelling. Gute Geschichten verankern Arbeitsschutzregeln nachhaltig in den Köpfen, da sie Emotionen und Fakten verbinden. Geschichten fördern den Austausch – nach dem Prinzip „Erzähl ich dir, erzählst du mir“ – und eignen sich besonders gut, um Beinaheunfälle und kritische Situationen zu teilen. Der besondere Wert der Geschichten entsteht dadurch, dass sie direkt im Unternehmen entwickelt werden. Sie spiegeln die Erfahrungen der Mitarbeiter wider, und dieser persönliche Bezug macht sie noch wirkungsvoller.
Verschiedene Einsatzzwecke
Das Story Kit ist vielseitig einsetzbar. In Workshops mit Sicherheitsbeauftragten hilft das Story Kit, Sicherheitsbeauftragte zu aktivieren, um die Sicherheitskultur im Unternehmen zu verbessern, auch wenn es kein Budget für ein großes Projekt gibt. Es hilft Situationen zur Sprache zu bringen, die sonst nicht gemeldet worden wären, bewegt auch verschlossene Mitarbeiter zu einem Gedankenaustausch, regt zu aktiven und tiefgründigen Diskussionen an und hilft Regeln zu wiederholen und zu vertiefen.
Als Wettbewerb am Sicherheits- und Gesundheitstag unterstützt das Story Kit dabei, eine attraktive Aktion rund um Arbeitssicherheit zu veranstalten und hinterher viele wertvolle, passende Geschichten für die regelmäßige Arbeitsschutz-Kommunikation zu haben. Für Abwechslung in Unterweisungen und Trainings ist das Story Kit ideal, hilft es doch, Unterweisungen und Trainings attraktiver zu gestalten, sogar wenn die Trainer keine geborenen Geschichtenerzähler sind.
Das Story Kit hilft Sifas und Führungskräften, Arbeitsschutz so zu kommunizieren, dass die richtige Botschaft ankommt, ohne genervte Blicke zu ernten, z. B. wenn ein Unfall passiert ist. So werden wichtige Botschaften in Geschichten weitergegeben. Und so macht dann auch Arbeitsschutz Spaß.
Von der Idee zur Umsetzung
Die Idee, Storytelling im Arbeitsschutz zu nutzen, um Botschaften besser zu vermitteln, Regeln leichter zu merken und Sicherheitsbeauftragten mehr Gehör zu verschaffen, ist schon einige Jahre alt. Clara Röder, Expertin für Arbeitsschutz, und Sigrid Hauer, Spezialistin für Storytelling in technischen Bereichen, trafen sich beim Netzwerken vor einigen Jahren. Gemeinsam entwickelten sie Visionen und Lösungen für den Arbeitsschutz. Doch der Appell „Nutze Storytelling im Arbeitsschutz“ war noch nicht praktisch genug. Aus diesen Erkenntnissen wurde das Story Kit entwickelt. Es bietet eine klare Struktur und Inspiration, um direkt loszulegen.
Erfahrungen mit dem Story Kit
Zu den beschriebenen Einsatzmöglichkeiten gibt es Praxisberichte. Workshops mit Sicherheitsbeauftragten sind der ideale Einstieg, um erste Erfahrungen zu sammeln. Wer unsicher ist, wie Kolleginnen und Kollegen auf das Erzählen von Geschichten reagieren, kann sich Tipps und Erfahrungen in einer Story-Community holen. Diese findet alle zwei Wochen online statt und ist für den Anfang bei jedem Story Kit inklusive. Alternativ kann man auch ein Starterpaket mit Moderation nutzen.
Beispiel-Geschichte Unfallmeldung
In vielen Unfallmeldungen, die in Unternehmen kommuniziert werden, liest man über den Unfallhergang und die Verletzung, die der Verunglückte davongetragen hat. Meist ist auch ein Foto dabei. Das könnte zum Beispiel so aussehen: „Ein Mitarbeiter war mit Trockenbauarbeiten beschäftigt, indem er Rigipsplatten mit einem Akkuschrauber an der Unterkonstruktion befestigte. Er stand dabei auf einer Stehleiter. Während des Verschraubens verlor er das Gleichgewicht, rutschte ab und fiel von der Leiter, etwa 3 Meter hinab auf den Betonboden. Sofort wurde Erste Hilfe geleistet, gefolgt von ärztlicher Versorgung im Krankenhaus. Der Mitarbeiter erlitt umfangreiche Prellungen und sein Arm musste stabilisiert werden. Die Leiter, die er benutzte, war in schlechtem Zustand. Ein Fuß war verbogen.“
Viele denken sich danach so etwas ähnliches wie „wie kann man nur so blöd sein“. Keine Botschaft, die so ausgesendet werden sollte.
Der gleiche Unfall klingt als Geschichte so: Anton ist einer der erfahrenen Kollegen im Trockenbau. Er ist 37 Jahre alt, seit 8 Jahren im Betrieb und alle Kollegen kennen ihn als hilfsbereiten und sehr genauen Kollegen. Er kann mit seiner Erfahrung auch die kniffligsten Ecken ausbauen. Er liebt Ordnung auf der Baustelle und er weiß, dass es oft auf jeden Millimeter ankommt. Daher ist er mit seinem Metermaß auch sehr eigen. Seinen „Zollstock“ trägt er immer mit sich herum, den verleiht er nicht. Eines Tages kommt er ohne sein Metermaß in den Betrieb. Vergessen oder Verloren? Die Kollegen sehen nur, dass er gar nicht bei der Sache ist.
Trotzdem: Die Baustelle in Halle 3 wartet nicht. Heute müssen die Rigipsplatten mit der Unterkonstruktion verschraubt werden, und zwar schnell. Denn danach müssen die Fußbodenleger in den Raum und die Zeit ist wie immer knapp. Anton sucht nach einer Stehleiter, auch die ist heute nicht an ihrem Platz. Er ärgert sich ein bisschen über die Unordnung und nimmt dann die Leiter, die etwas abseits steht. Während er die erste Platte verschraubt, verliert er das Gleichgewicht, rutscht von der Sprosse ab und stürzt zu Boden. Aus 3 Metern Höhe landet er hart auf dem Betonboden. Knapp neben den Werkzeugkästen, die dort jemand kurz zuvor abgestellt hatte. Die Kollegen waren schnell zur Stelle und leisteten Erste Hilfe, doch Anton muss seine Prellungen und ein verstauchtes Handgelenk im Krankenhaus behandeln lassen. Zum Glück war nicht mehr passiert, denn die scharfkantigen Kästen hatte er beim Sturz knapp verfehlt. Die verwendete Leiter war in schlechtem Zustand, Teile der Rutschhemmung fehlten und auch ein Fuß war verbogen. Diese Arbeitsgeräte müssen sofort aussortiert werden und nicht einfach nur zur Seite gestellt werden, damit Verwechslungen ausgeschlossen sind. Jeder soll darauf achten, dass Arbeitsgeräte (auch wenn sie in der Ecke stehen) in gutem Zustand sind.