Als rundum gelungen darf Petzl seine 5. Roadshow abhaken. Gut 50 Multiplikatoren der Branche, also Händler, aktive Industriekletterer sowie Vertreter von Interessensverbänden und Berufsgenossenschaften, waren der Einladung des französischen Familienunternehmens auf das Gelände des Weltkulturerbes Rammelsberg in Goslar gefolgt und kamen in den Genuss einer Bergwerksführung sowie interessanter Vorträge. Ein „Speed Dating“ mit aktuellen Produkten von Petzl rundete das Event ab. Die Redaktion durfte die Veranstaltung begleiten.
Ziel der Petzl Roadshow ist neben der Auffrischung relevanter Themen und dem direkten Kontakt zu aktuellen Produkten insbesondere das Vernetzen. „Die hier Eingeladenen sind ein sehr wichtiger Teil der Community rund um die Industriekletterei“, erläutert Annette Vogt, die das Marketing Professional in Deutschland verantwortet. Es soll die Möglichkeit gegeben werden, sich innerhalb der Community zu vernetzen. „Wir bieten mit unserer Veranstaltung eine Plattform, auf der alle miteinander und auch mit uns ins Gespräch kommen können. Am Ende haben wir alle das selbe Ziel: Das Thema Arbeitssicherheit auf einem inhaltlich qualitativ hochwertigen Level zu behandeln und somit die Arbeit in der Branche noch sicherer zu machen. Wir betrachten das nicht als eine PR-Veranstaltung.“
Gute Mischung gefunden
So waren in Goslar auch viele Händler zu Gast. „Wir versuchen hier eine gute Mischung zu finden: Einmal das Vernetzen, aber natürlich geht es auch um unsere Produkte und die damit verbundenen Lösungen im Arbeitsalltag.“ Eingeladen zur Petzl Roadshow wird quer durch die verschiedenen Vertriebsgebiete des Außendienstes. „Für uns ist es auch toll, dass sich unsere Partner die Zeit nehmen und zu der Veranstaltung kommen“, ist das für Annette Vogt keine Selbstverständlichkeit, sondern „eine Bestätigung unserer Arbeit.“
„Das ist die tollste Location, in der ich jemals einen Vortrag gehalten habe“, betonte Tanja Kopp. Die Spezialistin für PSAgA bei der BG Bau ist eigener Aussage zufolge nicht nur leidenschaftliche Verfechterin für den Einsatz von PSAgA, sondern auch von guten Rettungskonzepten. Sie ergründete in ihrem Vortrag die Frage: Gibt es das Rettungskonzept? Also sozusagen eine allgemeingültige Lösung?
Interessante Vorträge
„Natürlich gibt es kein allumfassendes Rettungskonzept“, machte sie gleich zu Beginn klar. Aber ein Rettungskonzept müsse, so ihre Forderung, immer Bestandteil einer Gefährdungsbeurteilung sein. Denn auch wenn man PSAgA einsetze, so den Absturz verhindere, vielleicht sogar selbst in der Lage ist, einen Notruf abzusetzen, „aber wenn ich irgendwo in der Wildnis an einem Strommast hänge, wie teile ich da jemandem mit, wo ich bin ohne vernünftiges Rettungskonzept?“
Entsprechend wies Tanja Kopp auch noch einmal darauf hin, dass ein Rettungskonzept Bestandteil der DGUV-Regel 112-199 ist, die den Einsatz von persönlicher Absturzausrüstung zum Retten behandelt. Die neue DGUV-Regel beinhalte auch eine Art Anleitung, wie ein Rettungskonzept vernünftig erstellt werden könne.
Mit Sven Drangeid, dem Leiter der FISAT-Geschäftsstelle, Johannes Hühn, dem Leiter der Höhenrettungsgruppe der Feuerwehr Ulm, und Bernd Schmitz, Ingenieurleistungen im Arbeitsschutz, standen weitere hochkarätige Redner am Pult. Drangeid referierte zum Thema „Standardisierte Freigeister – Zwischen Normhörigkeit, Verantwortung und gesundem Menschenverstand“. In seinem Fazit hielt er fest, dass es qualifizierter Anwender und Aufsichtführender bedarf, dass geeignete und geprüfte Ausrüstung benötigt wird, und eine vernünftige Sicherheitskultur relevant ist, um sicher in der Höhe zu arbeiten. Hühn gab einen Einblick in die Tätigkeiten und Aufgaben seiner Höhenrettungsgruppe anhand von einem Gerüsteinsturz in 60 Metern Höhe auf einer Baustelle sowie einem 30 Meter Absturz in ein Silo. Schmitz schließlich betrachtete elektromagnetische Gefährdungen an hochgelegenen Arbeitsplätzen, zum Beispiel Handymasten.
Praxisnahe Einsatzszenarien
Äußerst interessant und informativ war auch das sogenannte „Produkt Speed Dating“. An mehreren Stationen in einer der alten Bergwerkshallen, wo vor gut 100 Jahren noch Erz verarbeitet wurde, demonstrierte das Petzl Technical Institute (PTI) mit seinen zertifizierten Partnern an verschiedenen Stationen Einsatzszenarien sowie Möglichkeiten und Grenzen der Produkte. So hatte Hugo Tripp von der Firma Safe Tripp, dem jüngsten Petzl-Technikpartner im Netzwerk, an einer Einsatzstation ein komplexes Höhenrettungs-Szenario aufgebaut und demonstrierte mit Seilen und den entsprechenden Verbindungen, wie eine Person mit einem Seilsystem dreidimensional auf sicheren Boden gebracht wird.
An einer PSAgA-Station wurden verschiedene Ausrüstungen samt Anschlagpunkten vorgestellt. Dabei konnten die Teilnehmer auch regelmäßig Feedback geben, was bei bestimmten Produkten besonders gut funktioniert oder warum an anderer Stelle eine andere Lösung vorzuziehen ist. An der Station Seilzugangstechnik bekamen insbesondere die Händler einen kurzen Einblick in die umfangreiche Vielfalt an Tätigkeiten der Industriekletterer. An einer Baumkletterstation wurde die interessante Doppelseiltechnik mit umlaufenden Seil demonstriert, an einer weiteren Station präsentierte Petzl Technical Partner Seilsicherungssysteme.
Tatiana Erker, Shop-Manager bei der Firma Seiltechnik Hannover, war bereits das zweite Mal zur Petzl Roadshow eingeladen. „Es gefällt mir hier sehr gut, mal ganz abgesehen von der Location. Die Themen sind sehr spannend und ich finde es ungeheuer informativ“, lautete ihr Fazit. Ähnlich viel auch die Resonanz von Grit Jisba von Redlin aus Garbsen aus: „Super organisiert, tolle Vorträge, und es ist schön, so viele Kollegen aus der Branche zu treffen.“ Womit das von Annette Vogt gesteckte Ziel definitiv erreicht wurde: Die Branche vernetzen.
Von Camillo F. Kluge