Eine Nische besetzt der Hersteller von Persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) Funcke Sicherheitssysteme. Bereits seit den 1950er Jahren produziert der Betrieb Sicherheitsausrüstung für den Arbeitsschutz. Die Redaktion war im sauerländischen Olpe vor Ort und erfuhr von Sebastian Brachthäuser aus der Unternehmensführung, was den Familienbetrieb einzigartig macht.
Zuallererst ist da der Produktionsstandort zu nennen. „Der Fertigungsstandort Deutschland ist heute nicht mehr selbstverständlich“, sagt Brachthäuser. „In der Produktion steckt noch enorm viel Handarbeit. Dennoch findet die Produktion von Auffanggurten, von Verbindungsmitteln und von mitlaufenden Auffanggeräten hier am Standort statt. Das erlaubt uns schnelles und flexibles Handeln im Sinne des Kunden.“
Herstellung in Handarbeit
Dabei werden die Seile nicht in Olpe gedreht oder die Materialien für die Gurte gewoben. Funcke Sicherheitssysteme hat seit vielen Jahren feste Lieferanten für die unterschiedlichen Rohmaterialien. „Wir bekommen Gurtband auf Rollen, Seil auf Trosse und wir bekommen die Beschlagteile geliefert“, sagt Brachthäuser. „Aber die eigentliche Konfektion, die findet bei uns im Haus statt.“ Wobei die meisten der Lieferanten tatsächlich auch in Deutschland produzieren. Lediglich bei den Beschlägen greift man seitens Funcke auf Lieferanten anderer Nationen zurück. Da zählen verschiedene europäische Spezialisten wie zum Beispiel Austrialpin zu den festen Partnern der Sauerländer.
Im Frühjahr vergangenen Jahres machte sich ein weiterer Vorteil der heimischen Lieferanten deutlich bemerkbar: Dadurch, dass viele Schiffe aus Asien festsaßen, Container knapp waren und Lieferpreise explosionsartig in die Höhe schossen, „konnten einige Wettbewerber tatsächlich nicht liefern. Da haben wir ein wenig von profitiert, muss ich zugeben“, sagt Brachthäuser.
Heißschnitt erforderlich
Am Beispiel eines Auffanggurtes schildert Brachthäuser den Herstellungsprozess, der komplett in Handarbeit geschieht. Zunächst sind die Gurtbänder in die verschiedenen durch festgelegte Baugruppen vorgegebenen Längen zu schneiden. „Das muss ein Heißschnitt sein, damit die Enden der Gurtbänder nicht ausfransen“, erklärt Brachthäuser. Wenn die einzelnen Gurtstücke vorliegen, folgt der nächste Schritt: das Zusammennähen der einzelnen der Baugruppen, aus denen ein Auffanggurt üblicherweise besteht. „Mittels Sicherheitsnähten, die ganz genau festgelegt und immer gleich sein müssen, werden diese Baugruppen gefertigt.“ Anschließend sind die einzelnen Baugruppen mit den passenden Beschlagteilen zu bestücken, erst dann ist eine Baugruppe fertig. „Schließlich werden die einzelnen Baugruppen per Hand zum fertigen kompletten Auffanggurt zusammengefügt“, schildert Brachthäuser „ganz grob“ den Ablauf.
Wobei der Gurt damit noch nicht versandfertig ist. „Die Gurtbandenden werden umgeklappt und noch einmal abgenäht“, sollen die Produkte am Ende ja auch optisch den Anwender ansprechen. „Aber es folgt noch ein weiterer entscheidender Schritt: Die finale Qualitätssicherungskontrolle.“ Bei dieser finalen Kontrolle wird neben der einzigartigen Seriennummer, die jeder Auffanggurt zur eindeutigen Identifizierung bekommt, auch die Verarbeitung noch einmal geprüft. Das gilt ganz besonders für die Sicherheitsnähte. Da muss alles einwandfrei und korrekt sein, denn der Anwender muss sich zu 100 Prozent auf seine Schutzausrüstung verlassen können. Erst wenn alle Sicherheitsaspekte, die Seriennummer und auch die seitens Funcke selbst vorgegebenen Prüfpunkte noch einmal genau gecheckt wurden, wird der Auffanggurt verpackt.
Sichere Produkte liefern
Das Beispiel verdeutlicht, dass seitens Funcke Sicherheitssysteme ein enormer Aufwand betrieben werden muss, um letztlich den Kunden mit einem ansprechenden und sicheren Produkt zu beliefern. Die Stärke des vergleichsweise kleinen Mittelständlers Funcke liegt denn auch noch im Kundenservice. „Wir können auf unsere Kunden viel individueller eingehen“, sagt Brachthäuser. Als einfachstes Beispiel nennt er das Thema Farbe. „Wenn ein Kunde hört, dass er seinen Gurt bei uns in seiner Firmenfarbe bekommen kann, die Corporate Identity auch am Auffanggurt fortführen kann, ist er meist total begeistert und direkt gewonnen.“ Die Grundfarben dazu hat Funcke immer vorrätig, entsprechend können auch Farbkombinationen zusammengestellt werden. Ein wenig bremsen muss Brachthäuser allerdings, wenn der Farbwunsch eines Kunden zu ausgefallen ist, denn das Einfärben des Gurtbandes erfordert immer auch eine gewisse Mindestmenge. „Aber 95 Prozent der Kundenwünsche bekommen wir sicher gedeckt.“
Sondergrößen und Sonderwünsche
Doch es ist nicht allein die Optik, wo der Kunde seine Wünsche äußern kann. „Zum Beispiel bei einem Verbindungsmittel: Wenn der Kunde beispielsweise ein Rückhaltesystem benötigt, das exakt 7,5 Meter lang sein soll, dann können wir das konfektionieren und liefern“, schildert Brachthäuser. Auch bei den Größen ist Funcke flexibel. Die Standardgrößen von S bis XL hat das Unternehmen obligatorisch im Angebot. „Aber wenn zum Beispiel ein Kunde mit besonders kräftigem Oberschenkel kommt, dann können wir eben individuell nur für diesen Kunden den Beingurt etwas verlängern, so dass der Kunde am Ende einen genauso komfortablen Gurt bekommt wie alle anderen“, erklärt Brachthäuser.
Um Ausrüstung zu personalisieren, bietet Funcke darüber hinaus an, ein Zusatzetikett mit Namen oder mit Firmenlogo auszustatten. Oftmals erhöht sich dadurch auch die Akzeptanz der eigenen Persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz. „So etwas wird auf dem Markt sehr selten angeboten, denn es bedeutet eben Handarbeit. Aber wir bieten das an, das ist unser USP. Und wir leisten das, ohne dass es gleich sündhaft teuer wird.“ Probleme mit der Sicherheit gibt es dabei auch nicht. „Wir haben unsere Zertifizierung so gestaltet, dass wir das können und auch dürfen“, betont er.
Erfahrung von über 60 Jahren Bei der Entwicklung und den Entwürfen der einzelnen Produkte profitiert das Unternehmen auch von der Erfahrung von Manfred Meckel, der gemeinsam mit Klaus Brachthäuser, dem Vater von Sebastian das Unternehmen vor gut 15 Jahren kaufte. „Meckel ist ein Pionier der industriellen Absturzsicherung in Deutschland“, sagt Sebastian Brachthäuser. Tatsächlich beschäftigt sich Meckel bereits seit 1955 mit industrieller Absturzsicherung und war einst mit seinem eigenen Unternehmen Meckel Sicherheitssysteme erfolgreich am Markt. Das wurde vor etwa 30 Jahren über Umwege von der Honeywell Gruppe übernommen. Nach einigen Jahren, in denen er sich nicht bei Wettbewerbern der Gruppe einbringen durfte, brachte er sein Know-how und seine Expertise bei Funcke Sicherheitssysteme ein, wo er heute noch neben Klaus Brachthäuser Geschäftsführer ist, auch wenn beide sich nicht mehr ins Tagesgeschäft einbringen. „Man kann solche Produkte für die Absturzsicherung nicht einfach nur auf dem Reißbrett entwerfen, das geht nicht. Man braucht die Erfahrung von jemandem, der das Metier beherrscht“, sagt Brachthäuser.
Und Meckel selbst lebt Absturzsicherung. „Das Entwickeln von Auffanggurten, das war mein Hobby“, sagt der rüstige Senior. „Gurte und Seile, da bin ich mit groß geworden, da kann mir keiner was Neues beibringen. Wichtig ist am Ende immer, das es hält. Es muss mehrere Tonnen halten, dann ist alles gut.“ Brachthäuser jedenfalls ist froh, dass sich Meckel noch so intensiv einbringt: „Er hat uns im Prinzip das Produktionsprogramm mit entwickelt.“ Und auch heute noch lässt er es sich bei neuen Entwicklungen nicht nehmen, mit Rat und Tat von der ersten bis zur letzten Sekunde dabei zu sein.
Ergonomie der Gurte
Dieses Einbringen macht sich laut Sebastian Brachthäuser auch am finalen Produkt für den Anwender deutlich bemerkbar. „Ich behaupte einfach mal, dass wir mit der Ergonomie unserer Gurte ganz weit vorne sind. Also wie der Gurt den geforderten und notwendigen Bedingungen des Anwenders an Komfort und Zweckmäßigkeit angepasst wird, da macht uns so schnell keiner was vor“, sagt Brachthäuser. „Ich würde uns schon in den top zehn Prozent bei der Bandbreite aller Gurte einordnen, was die Ergonomie angeht.“
Darüber hinaus hat Funcke Sicherheitssysteme mit dem französischen Unternehmen Kratos Safety eine Vertriebspartnerschaft für den deutschen Markt geschlossen. „Da haben wir die Möglichkeit, durch eine noch breitere Produktpalette dem Kunden für nahezu alle Anwendungsbereiche Lösungen zur Absturzsicherung zu bieten“, sagt Brachthäuser. „Als Hauptdistributor führen wir ein großes Warenlager an Höhensicherungsgeräten, Rettungsgeräten und innovativen Spezialartikeln für den direkten Versand.“
Das Wichtigste ist Kundenzufriedenheit
Der Fokus liegt auch bei Funcke darauf, den Kunden zu beraten und zufrieden zu stellen. Die Produkte der beiden Unternehmen ergänzen sich total, dadurch kann Funcke letztlich von der standardisierten bis hin zur absolut individualisierten PSAgA sämtliche Ansprüche bedienen. „Diese beiden Säulen geben uns ein enorm breites Produktportfolio, in dem der Kunde eigentlich für jede Anwendungssituation das Passende findet.“
Wobei der Vertrieb grundsätzlich über den Groß-, Fach- und Einzelhandel läuft. „Wir verkaufen nicht direkt“, betont Brachthäuser, „aber, und das ist wieder ein wichtiger Vorteil, den wir bieten, wir übernehmen für den Handel die Beratung des Kunden.“ Das ist dem Familienbetrieb auch wichtig, denn man hat die Erfahrung gemacht, dass der Handel doch häufig bei der Beratung gerade von Produkten der Absturzsicherung noch nicht alle Einzelheiten kennt. „Wir haben so erklärungsbedürftige Produkte, insbesondere was die Anwendung angeht, da übernehmen wir für den Handel oft die Kommunikation mit dem Endkunden.“
Dennoch mahnt Brachthäuser, dass diese Beratung der Kunden letztlich nicht den Arbeitgeber davor bewahrt, seine Mitarbeiter entsprecht zu schulen und unterweisen. Bei vielen Arbeitgebern sei das noch nicht angekommen, dass es eine Pflicht zur jährlichen Unterweisung gebe. „Schulungen und Unterweisungen bieten wir deshalb gerne an, quasi als zweite Säule, um die Arbeit in Höhen und Tiefen sicherer zu machen. Auch da ist der Handel unser Mittler“, so Brachthäuser, „so bieten wir den kompletten Service rund um unsere Produkte.“
Von Camillo F. Kluge