Vom kleinen Ein-Mann-Betrieb hin zu einem weltweit agierenden Spezialisten – diese Geschichten gibt es immer wieder. Auch Ludwig Beckers hat mit seiner Frau Ingrid vor 20 Jahren am beschaulichen Niederrhein im Keller seines Hauses die ersten Schritte unternommen und den Grundstein für den internationalen Spezialisten ABS Safety gelegt.
Beckers hatte „den richtigen Riecher“, wie man landläufig sagt. Er vertrieb das Nischenprodukt Seilsicherungssystem. „Wir waren die ersten am Markt und erkannten da richtig viel Potential“, erzählt er beim Besuch der Redaktion vor Ort. Schon damals setzte er mit seiner Frau auf das Internet als Vertriebsweg. Mit Erfolg, denn bereits nach einem Jahr wurde mit Josef Bergrath der erste Mitarbeiter eingestellt, der auch heute noch dem Unternehmen die Treue hält und mittlerweile einer der drei Geschäftsführer ist. Längst hat sich allerdings die vertriebliche Ausrichtung geändert. Heute sind es etwa 70 Prozent der Umsätze, die über den Fachhandel erzielt werden, nur noch 30 Prozent werden direkt umgesetzt.
Marktführerschaft ausbauen
Dabei gelang ABS Safety in 2022 eine Umsatzsteigerung um erstaunliche 30 Prozent. Der Löwenanteil davon wurde mit etwa 70 Prozent auf dem deutschen Markt erzielt, 15 Prozent machen in etwa Österreich und die Schweiz aus, der Rest verteilt sich dann weltweit. Da klingt es auch nicht vermessen, wenn Beckers sagt: „Wir sehen uns schon als Marktführer.“ Und diese Marktführerschaft will ABS Safety gerne ausbauen. „Wir wollen im deutschsprachigen Raum weiter wachsen.“ Und dies, obwohl der deutsche Markt der einzige mit speziellen Zulassungen ist, in den meisten anderen europäischen Nationen sind die erfüllten EU-Normen ausreichend.
Mit dem wachsenden Umsatz nahm auch die Entwicklung des Unternehmens immer mehr Fahrt auf. Heute hat ABS Safety 180 Mitarbeiter, verfügt über mehr als 50.000 qm Betriebsfläche am Standort in Kevelaer. Allein in der 2015 fertiggestellten neuen Lagerhalle finden sich über 3.000 überdachte Palletten-Stellplätze. „Die Lager sind bei uns richtig gut gefüllt, damit wir immer lieferfähig sind“, erklärt Beckers. „Unsere Lieferfähigkeit, auch in schwierigen Zeiten, schätzen die Kunden sehr.“
Mehr als Seilsicherungssysteme
Längst bietet ABS Safety deutlich mehr als lediglich Seilsicherungssysteme. Anschlagpunkte, Geländersysteme, PSAgA oder auch Steigtechnik sind ebenfalls im Angebot der Niederrheiner, dazu ein umfangreiches Angebot an Schulungen, Service- und Dienstleistungen sowie digitalen Tools. Da bekommt aktuell das 2017 erstmals präsentierte ABS-Lock-Book Verstärkung durch das Lock-Book Draw – einem Zeichenprogramm zur Planung von Dachabsturzsicherungen.
„Lock-Book Draw kann jeder nutzen, völlig kostenlos und webbasiert“, sagt Lisa-Marie Drießen, eine der zahlreichen Ansprechpartner und -partnerinnen für Planung und technische Beratung im Unternehmen. Mit Hilfe dieser Software lässt sich nahezu spielerisch ein maßstabsgetreue Dachzeichnung realisieren. Das klappt sogar mit eigener Vorlage, lässt sich aber auch freihand umsetzen. Das Programm erkennt Gefahrenbereiche automatisch und setzt ebenso automatisch Anschlageinrichtungen, Seilsicherungssysteme oder Geländer. Selbstverständlich wird an der Software kontinuierlich weiterentwickelt.
„Zuletzt erst wurden Steigleiter-Elemente hinzugefügt. Das Programm ist die Planungsunterstützung für Dachabsturzsicherung. Es beinhaltet eine automatische Mengenermittlung, lässt sich einfach und von überall bedienen und ist zudem kostenlos“, fasst Drießen die Eigenschaften der pfiffigen Softwarelösung zusammen. Kommende Themen für die Weiterentwicklung sollen unter anderem Entwässerung oder auch die Dämmplanung werden.
Damit ergänzt Lock-Book Draw die andere digitale Lösung, die ABS Safety anbietet: Lock Book Docu. „Eine vernünftige Dokumentation ist ein wichtiger Faktor“, sagt Beckers. Und Lock Book Docu ist eine Webanwendung, die von überall Zugang zu den Daten ermöglicht. So lässt sich ganz einfach mit Handy oder Tablet eine bebilderte Dokumentation eines Projekts. Dank eines integrierten Fragenkatalogs wird auch nichts Wesentliches in der Dokumentation vergessen und der Nutzer hat am Ende eine rechtssichere lückenlose Dokumentation. Das ist nicht nur „ein Schritt zum papierlosen Büro“ wie Beckers sagt. Denn „seitdem Docu da ist, ist die Nachfrage nach Montageanleitungen auf Papier deutlich zurückgegangen“, so Markus Schmitz, Leiter Marketing und PR im Unternehmen. „Wir legen viel Wert auf die digitalen Projekte, weil wir so einen Mehrwert für unsere Kunden bieten und sicher auch den einen oder anderen Kunden gewinnen.“
Produkte werden überstrapaziert
Mindestens ebenso viel Wert legt man seitens ABS Safety auf die Qualitätssicherung. Da führt kein Weg am „Zerstörer“ vorbei. Diesen Spitznamen trägt Tom Klus, der als Prüfer verantwortlich für Produkttests ist. Dabei überstrapaziert er die ihm vorgelegten Produkte deutlich. So müssen Anschlagpunkte schon gewaltige Lasten meistern, damit sie die Qualitätskontrolle beim „Zerstörer“ erfolgreich bestehen. Ein eigener Fallturm für entsprechende Belastungstest erlaubt Klus „einige Tausend Fallversuche pro Jahr“.
Den Schwachpunkt eines Anschlagpunktes kennt er auch genau: das Schweißen. „Dabei ist der Schweißzusatz der entscheidende Faktor bei geschweißten Anschlagpunkten“, sagt Klus, was aber je nach Anforderung, die ein Anschlagpunkt erfüllen soll, variiert. Das Praktische für ABS Safety ist, dass „wir selbst alles testen können, die Möglichkeiten bieten, hier auch prüfen zu lassen“, sagt Klus. „Das beschleunigt so manchen Zertifizierungs- und Zulassungsvorgang“, ergänzt Beckers, denn in der Summe ist es „von der Idee eines Produkts bis zur Zulassung ein langer und auch kostspieliger Weg.“
Was beim Besuch auffällt, ist die interne Kommunikation, die sich auf Augenhöhe bewegt. Beckers kennt nicht nur alle seine Mitarbeiter, sondern diese werden auch immer wieder in den Fokus gerückt, auf der erfolgreichen Reise des Unternehmens mitgenommen. „Engagement wird belohnt, auch junge frisch ausgebildete Mitarbeiter werden in wichtige Entwicklungen und Entscheidungen einbezogen“, sagt beispielsweise Lisa-Marie Drießen.
Die Geschäftsführung hat Beckers vor knapp einem Jahr in die Hände seines Sohnes Stefan sowie dem dienstältesten Mitarbeiter Josef Bergrath und IT-Abteilungsleiter Kai Brendel gelegt. Dennoch ist er regelmäßig noch im Unternehmen und steht mit Rat und Tat zur Seite. Und während Sohn Stefan, der den Metallbau-Meisterbrief hat, eher strategische Aufgaben wahrnimmt, sieht sich Firmengründer Beckers immer noch als „Feel-good-Manager“, kümmert sich um die Stimmung im Unternehmen. Denn er weiß, dass hinter dem Erfolg vor allem seine Mitarbeiter stehen, seine „ABS-Familie“.
Von Camillo F. Kluge
Ludwig Beckers
… hat das Unternehmen vor 20 Jahren im Keller seines Hauses gegründet. Aus dem operativen Geschäft hat er sichweitestgehend zurückgezogen und die Geschäftsführung übergeben.