Das Thema Schulungen ist enorm wichtig, insbesondere im Bereich Arbeitssicherheit. Wenn es dann um Tätigkeiten in der Höhe geht, teilweise mit Staplern oder Arbeitsbühnen, ist die regelmäßige Schulung unerlässlich. Bei System-Card wird diesbezüglich ganz neu auf Virtual Reality gesetzt. Malte Bilau, Vorstandsmitglied bei System Lift, verrät im Interview Details.
Herr Bilau, was sind besondere Herausforderungen beim Arbeitsschutz in der Höhe?
Malte Bilau: Nun, da haben wir einerseits die Maschine, die sicher bedient werden muss, sowie Anforderungen an die Bedienenden wie die schriftliche Beauftragung, das Alter, die Gesundheit und die persönliche Schutzausrüstung. Auf der anderen Seite stehen die Herausforderungen der Höhe: von der richtigen Wahl der Maschine über den Umgang mit dieser bis zur Absicherung des Umfeldes und der Wahl sowie Vorbereitung des Untergrundes. Es gibt viele Dinge, die zu beachten sind und in denen Personen, die in diesem Bereich arbeiten, unbedingt geschult werden müssen.
All das kann im Rahmen von Sicherheitsschulungen vermittelt werden?
Bilau: Ja, fast. In der Theorie können alle Anforderungen an die persönliche Sicherheit und das sichere Arbeitsumfeld thematisiert werden, ebenso die Bedienung verschiedener Maschinen. Nur ist alle Theorie ja meist nichts ohne die entsprechende Praxis. Diese muss unbedingt Teil von Bediener- und Sicherheitsschulungen sein. Die Teilnehmenden müssen praktisch erfahren, welche Auswirkungen ihre Handlung haben kann – welchen Effekt es auf die eigene Sicherheit hat, wenn die Maschine beispielsweise nicht sicher oder zu dicht am Ort des Geschehens steht. Die Herausforderung ist aber, dass es zahlreiche Szenarien gibt, die in Schulungen einfach immer theoretisch bleiben, da sie aufgrund ihrer Konsequenzen nicht praktisch geübt werden können. Einen Absturz oder den Umsturz einer Maschine zum Beispiel konnte man bisher nur theoretisch vermitteln.
Bisher?
Bilau: Ja, denn zukünftig ändern sich zumindest unsere Schulungen dahingehend, dass wir durch Virtual Reality, also VR, auch Szenarien ausprobieren und darstellen können, die so bislang nicht geschult werden konnten. Ohne Mensch und Maschine in Gefahr zu bringen, können heikle Situationen realitätsnah trainiert werden. Dadurch wird erstmalig in Schulungen zur Arbeitssicherheit virtuell und letztlich auch hautnah erlebbar, welche Konsequenzen das eigene, unter Umständen falsche Handeln haben kann. Mit einer VR-Brille vermitteln wir diese Praxisanteile. Man kennt das aus Videospielen, in denen die Spielenden virtuell durch täuschend echt anmutende Szenen geführt werden. So in etwa muss man sich unser VR-Schulungskonzept auch vorstellen. Anders als beim Videospiel geht es hier allerdings um die Vermittlung von Lerninhalten und die realitätsnahe Vorbereitung auf den Arbeitsalltag – aber der Spaß kommt dabei ganz sicher auch nicht zu kurz.
Was bedeutet das konkret?
Bilau: Wir sehen in der „virtuellen Realität“ die Zukunft der Bediener- und Sicherheitsschulungen – zumindest deren logische und zielführende Weiterentwicklung, ohne dafür zum Beispiel große und kostenintensive Simulatoren vorhalten zu müssen. Entsprechend haben wir zusammen mit einem Entwicklungspartner über drei Jahre an der VR-Technik gearbeitet, die wir seit Anfang des Jahres peu à peu in unsere Schulungen integrieren. Im ersten Step haben wir Szenarien für das Handling von Hubarbeitsbühnen innerhalb von Industriehallen im Programm. So ein Arbeitsumfeld mit Staplern, Deckenkranen, Maschinen und Angestellten, die den Fahrweg queren, ist in der Praxis kaum vermittelbar. Auch das richtige Verhalten zur Vermeidung von Kollisionen mit Staplern, Personen, Deckenkränen oder ähnliche Situationen sind in der Praxis nicht vermittelbar. Die Szenarien innerhalb unserer VR-Anwendung bauen wir nun sukzessive aus. Der Fokus wird dabei auf verschiedenen Gerätekategorien, Arbeitsumfeldern und Gefährdungsbeurteilungen liegen. Zudem ist auch viel didaktisches Know-how in dieses innovative Lehrmedium geflossen. Das muss künftig auch unseren Trainerinnen und Trainern vermittelt werden. Daher bieten wir für sie hierzu auch spezielle Schulungen an.
Sehen Sie die Zukunft der Sicherheitsschulungen demnach ausschließlich virtuell und digital?
Bilau: Nein, so pauschal möchte ich das nicht unterschreiben. Ich sehe vielmehr einen Mix. Der persönliche Kontakt ist meiner Meinung nach immer wichtig, wenn es um Sicherheit geht. Das hat auch etwas mit Vertrauen zu tun. Daher setzen wir nach wie vor auf Präsenzunterricht. Aber wir gestalten diesen möglichst flexibel und so, dass es für die Teilnehmenden passt. Auch die VR-Anwendungen werden ja unterstützend eingesetzt. Entweder finden die Trainings in einem unserer über 70 Schulungszentren in Deutschland statt oder im Betrieb selbst – dann auch individuell auf die Bedürfnisse des Unternehmens und der Belegschaft abgestimmt. Wir bieten aber bereits seit einiger Zeit auch Weiter- beziehungsweise Ausbildungen nach dem Prinzip des Blended Learning an. Das heißt, Theorie und Praxis der Erstschulung finden in Präsenz statt und die darauffolgende gesetzliche Jahresunterweisung als E-Learning. Dabei vermitteln wir Anwendern von Hubarbeitsbühnen, Hubmaststaplern, Teleskopstaplern und Kranen unter anderem per Videomaterial, das wir eigens angefertigt haben, den entsprechenden Arbeitsschutz auf digitale Weise – übrigens DGUV-zertifiziert. Diese Unterweisungen finden innerhalb eines Tages statt und eine aufwändige An- und Abreise ist nicht notwendig. Die neuen Möglichkeiten der VR ergänzen das Konzept sinnvoll und füllen Lücken, die es in der Praxis gab.
Malte Bilau
… ist seit 2021 Vorstandsmitglied bei System Lift, dem marktführenden Verbund für die Vermietung von Höhenzugangstechnik, Teleskopstaplern und Staplern in Deutschland und einigen Nachbarländern. Zum Unternehmensportfolio gehört auch das Schulungsprogramm System-Card für die Bedienung von Arbeitsbühnen, Teleskopstaplern, Staplern, Kranen sowie Baumaschinen. Über 30.000 Teilnehmende setzen jährlich auf die Erst- und Wiederholungsschulungen des Anbieters. Bilau ist in leitender Position für diesen Bereich verantwortlich.