In einer Nacht Mitte November vergangenen Jahres hievte ein Kran eine zwölf Meter lange Brücke zentimetergenau zwischen den ersten Treppenturm und die erste Stütze, darunter die Bahngleise zwischen Stuttgart und Aalen. Anschließend verschraubten Mitarbeiter von Gemeinhardt Gerüstbau Service alle Teile miteinander. So können nun täglich hunderte Fußgänger die Seite wechseln, während die Unterführung am S-Bahnhof Weinstadt saniert wird.
„Wir sind diese Bedingungen gewohnt“, erzählt Projektleiter Mika Stanarius, denn die sächsischen Sondergerüstbauer arbeiten oft mit der Deutschen Bahn zusammen, unter anderem auch bei Brückensanierungen. In diesem Fall musste der Starkstrom für die Zeit der Montage abgestellt werden. Das geht am besten nachts, wenn planmäßig kaum Züge fahren. Insgesamt 50 Tonnen Gerüstmaterial hat Gemeinhardt verbaut, dazu kommt erheblicher Ballast an den Treppentürmen. Denn die Züge rauschen mit bis zu 120 km/h unter der Brücke durch, so dass ein starker Druck und Sog entstehen.
Bahn-Dienstleister warnte vor nahenden Zügen
Während der vierstündigen Montage waren die sechs ausbildeten Gerüstbauer allein auf ihre Persönliche Schutzausrüstung (PSA) angewiesen. Zwar werden sogenannte Montagebohlen ins Gerüst eingebaut, damit sie sicher stehen können, doch weitere technische Schutzeinrichtungen können nicht eingebaut werden. Während des gleisnahen Aufbaus der beiden Treppentürme und der Stütze warnten Sicherheitsposten eines Bahn-Dienstleisters regelmäßig vor den herankommenden Zügen, so dass die Gemeinhardt-Mitarbeiter genügend Zeit hatten, um aus der Gefahrenzone herauszutreten.
Dass eine Baustelle selten wie ursprünglich geplant verläuft, mussten die Gerüstbauer auch in Weinstadt feststellen. Zwei Wochen vor Baubeginn entdeckte der Auftraggeber ein schützenswertes Eidechsenhabitat: Der vorgesehene Treppenturm durfte dort nicht stehen, vom starken Fußgängerverkehr ganz abgesehen. Also disponierte Stanarius mit einem externen Statiker um und entwarf eine Konstruktion mit einer zusätzlichen Stütze und einem vier Meter längeren Teilstück. „Das ist weniger aufwändig als eine 16 Meter lange Brücke, weil wir für das zweite Teilstück keinen Kran benötigen“, erklärt der 23-jährige Gerüstbaumeister.
Dank Lasertechnik passte alles genau
Der Bau des zwölf Meter langen Teilstückes ist auch eine Geschichte für sich, denn auf der einen Seite der Gleise liegt ein Privatgrundstück für dessen Nutzung es keine Genehmigung gab. Auf der anderen Seite befindet sich direkt an den Gleisen eine vielbefahrene Straße. Deshalb mussten die Gerüstbauer den Übergang etwa 500 Meter entfernt montieren. Als der Aufbau fertig war, lud der Kran das Stück zunächst auf einen Tieflader. Der fuhr nachts an die eigentliche Baustelle heran und der Kran hob das Brückenteil dann zwischen Fußgängerturm und Stütze. Dank Lasertechnik passte alles lot- und winkelgerecht auf ein, zwei Zentimeter genau.