Das französische Familienunternehmen Béal ist eigenen Angaben zufolge Weltmarktführer im Bereich Kernmantelseil gemessen an produzierten Metern. Doch bislang sind die Produkte auf dem deutschsprachigen Markt noch verhältnismäßig selten. Das will Buffi Gollhardt, Sales Manager Germany, schleunigst ändern, wie er beim Treffen mit der Redaktion verriet.
Zwölf Millionen Meter kernummanteltes Seil sind es, die seitens Béal und dem Tochterunternehmen Edelweiß jährlich produziert und auch vertrieben werden. „Lediglich ein Seil im Sportkletterbereich wird unter fremden Namen veräußert, alle anderen unter Béal und Edelweiß“, betont Gollhardt. In 70 Ländern agiert das Unternehmen bislang, meist über Distributoren. „Doch in einigen Nationen hatte die Unternehmensführung den Eindruck, dass der Vertrieb bei Weitem nicht seine Möglichkeiten ausschöpft. Daher hat man begonnen, dort auf Direktvertrieb umzustellen“, sagt er. Neben Deutschland, wo er seit gut einem Jahr die Verantwortung hat, ist das noch Spanien.
Umsatz im ersten Jahr verdoppelt
In der Summe bezeichnet er diese Umstellung als erfolgreich, gesteht aber auch: „Es war ein etwas holpriger Start in Deutschland, da uns der ehemalige Vertriebspartner sehr wenig Informationsmaterial über seine Tätigkeiten, Kunden und Partner hinterlassen hat.“ So startete Gollhardt quasi alleine und bei Null und darf sich jetzt dennoch kräftig auf die Schultern klopfen lassen, denn „wir konnten bereits im ersten Jahr den Umsatz auf dem deutschen Markt verdoppeln.“
Doch stellt sich damit bei Béal niemand zufrieden, das soll erst der Anfang sein. „Das ist immer noch viel Basisarbeit, viele Kundenbesuche“, sagt Gollhardt, der auch dringend noch Unterstützung für den Vertrieb in Deutschland sucht. Dabei erfolgt der Verkauf ausschließlich über den Handel. „Klar werde ich auch einmal direkt angefordert, unsere Produkte zu präsentieren“, sagt er. Doch kontaktiert er vor solchen Besuchen in der Industrie oder auch bei Rettungseinheiten wie der Bergwacht immer den regionalen Béal-Händler. „Ich teile ihm mit, was ich plane und biete ihm an, mitzukommen, denn ich will nicht seinen Verkauf übernehmen. Und wenn es in einem Gebiet noch keinen
Béal-Händler gibt, suche ich den Kontakt zu einem regionalen Fachhändler, der so unter Umständen dann ein Béal-Händler wird.“ Denn ein wesentliches Prinzip von Béal auf dem deutschen Markt lautet Fachhandelstreue.
Optimale Überzeugungsarbeit
Vor dem Übergang in den Direktvertrieb war Béal zwar auch bei vielen Händlern mit einer Ausrichtung auf Industriekletterer oder Rettung gelistet, allerdings „nur sporadisch und mit einer sehr geringen Auswahl an Produkten“, sagt Gollhardt. Also ging es für ihn in erster Linie darum, bei den bestehenden und bekannten Händlerkontakten das Portfolio zu erweitern. „Und natürlich auch neue Händler zu gewinnen. Beides hat sehr gut geklappt“, so Gollhardt, der auch einen kleinen Einblick auf seine Form des Vertriebs gewährt. „Wir als Hersteller können nur unsere Produkte vorstellen, die Entscheidung trifft letztlich der Kunde“, sagt er. Er ist überzeugt von den Produkten von Béal, das Unternehmen gewährt schließlich nicht umsonst auf jedes seiner Produkte fünf Jahre Lagerzeit plus zehn Jahre Benutzung. Aber er weiß auch, dass hier und da der Wettbewerb ein adäquates oder vielleicht auch mal besseres Produkt führt. „Da muss man ehrlich sein und dann eine entsprechende Entscheidung akzeptieren“, sagt er. Dass die Produkte des französischen Familienunternehmens aber keinen Vergleich scheuen müssen, belegt er mit einem Beispiel. Beim Fachhändler und Dienstleister Höhenpass kam er ins Portfolio, in dem er einem Kunden des Fachhändlers ein 200-Meter-Seil zu einem Testpreis überlies. „Der hat das Seil eine Weile genutzt und das entsprechende Feedback an Höhenpass gegeben.“ Offensichtlich optimale Überzeugungsarbeit, sind die Seile von Béal doch umfangreich bei dem Fachhändler gelistet.
„Seile müssen Normen erfüllen“, sagt Christian Hahn, Geschäftsführer bei Höhenpass. „Insofern gibt es da zunächst keine Unterschiede. Aber wir haben einige Kletterer, die für uns neue Produkte testen. Da wir viele Hersteller im Portfolio haben, können wir da dann auch vergleichen.“ Wenn dann ein Produkt den Sprung in den Shop von Höhenpass schafft, hat es die Kletterprofis im Team ganz offensichtlich überzeugt. „Das kommt aus der Praxis heraus, im Zweifel musst du da eben auch mit einer Niederlage umgehen können, wenn der Kunde sagt, das andere passe besser“, so Gollhardt. „So etwas ist immer eine situationsbedingte und auch individuelle Entscheidung.“
Bei einigen Dingen wird nachgearbeitet
Aber letztlich ist bei ihm ein ehrlicher Kunde, der klar sagt, was ihm nicht gefällt, gern gesehen. „Denn nur dann kann ich etwas ändern, etwas verbessern“, so Gollhardt, der schon einiges Feedback aus dem deutschen Markt in die Zentrale nach Vienne in Frankreich weitergegeben hat. „Bei einigen Dingen wird da auch fleißig nachgearbeitet.“
Das nächste Ziel des französischen Unternehmens, dass Philippe und Frédéric Béal heute in dritter Generation leiten, für den deutschen Markt lautet laut Gollhardt bei „möglichst allen relevanten Händlern im Portfolio zu sein.“ Insofern wartet auf ihn noch einiges an Arbeit, kein Wunder, dass er dringend Verstärkung sucht. Zumal nicht allein der Fachhandel für Industriekletterer oder Sportkletterer – die Grenzen verschwimmen da ja immer mehr – zu den Ansprechpartnern des Herstellers zählt, auch der Technische Händler ist interessant. „Wir haben ja auch sehr viele Zubehörteile, die wir produzieren und vertreiben. Auch mit denen stärken wir unsere Markenbekanntheit und erobern Marktanteile“, so der rührige Vertriebler.
Bekanntheit deutlich steigern
Neben den vielen Seilen ist das Sortiment von Béal für Sport- und Industriekletterer äußerst umfangreich. „Wir sind da sozusagen ein Generalanbieter.“ So führt das Unternehmen beispielsweise auch die Helme „Quantum“ und den für Tätigkeiten im Hochspannungsbereich geeigneten „Quantum Elec“. Diese zeichnen sich laut Béal nicht nur durch ihre gute Passform, sondern auch durch ein außergewöhnlich attraktives Preis-Leistungsverhältnis aus. Aber auch Schlingen, Riggingplatten, Stirnlampen, Werkzeuggürtel, Halte- und Auffanggurte oder eine umfangreiche Auswahl an praktischen Taschen zählen zum Portfolio des Herstellers. „Natürlich ist Umsatz wichtig, aber das aktuell übergeordnete Ziel lautet, die Bekanntheit der Marke Béal im deutschen Markt deutlich zu steigern“, was laut Gollhardt grade im professionellen Bereich „nicht so leicht“ ist.
Da bedarf es seiner Aussage nach noch einiger Basisarbeit und vieler Kundenbesuche. „Natürlich gibt es irgendwo immer ein günstigeres Seil, aber heute zählt längst nicht allein der niedrigste Preis“, weiß er. „Was nutzt der günstige Preis, wenn das Produkt dann nicht genutzt wird.“ Dabei denkt er beispielsweise auch an Haltegurte oder Helme. „Anwendung und Komfort sind wesentliche Argumente, denn die Produkte müssen auch eingesetzt werden.“
Wichtiger Faktor Nachhaltigkeit
Ein weiterer immer wichtigerer Faktor ist das Thema Nachhaltigkeit. „Fast alle unserer Seile bestehen zu 100 Prozent aus Polyamid. Das macht sie nicht nur sehr leicht, sondern sie sind auch voll recyclingfähig. Die meisten Wettbewerber mischen Polyester unter, wodurch sich die Seile nicht mehr recyceln lassen.“ Dafür sind zwar etwas aufwändigere Webtechniken nötig, die besonders fein sind, aber das bringe einen zusätzlichen Vorteil: Es macht die Seile auch langlebiger.“ Hierzulande sei das Recycling-Angebot noch nicht ganz angekommen, aber in Frankreich. „Aktuell sind es 20 Tonnen, die im letzten Jahr dort an Seilen recycelt wurden.“
Zudem geht Gollhardt davon aus, dass ihm die „Unicore“-Technologie so manchen Zugang zum Handel erleichtert. Dabei handelt es sich um eine dünne Membran, die sich zwischen Kern und Mantel des Seils befindet und diese zusammenhält. Durch die Verbindung der beiden Seiten wird sichergestellt, dass sich das Seil unter Last dehnen kann. Bei einer Beschädigung des Mantels funktioniert das Seil weiter, der Mantel rutscht nicht weg und das Seil reißt auch nicht. Das bietet ein Plus an Sicherheit, das in dieser Art laut Gollhardt nur Béal bietet. Man darf gespannt sein, wie schnell sich der Weltmarktführer im deutschen Markt etabliert.
von Camillo F. Kluge
Pierre & Janine Béal
… starteten 1950 als Hersteller von Kordeln, Schnüren und Schnürsenkeln. 1974 stieg Michel Béal in das von seinen Eltern gegründete Unternehmen ein und präsentierte zwei Jahre später das gemeinsam mit dem Bergführer Yannick Seigneur entwickelte erste dynamische Kletterseil. 1993 erfolgte mit dem ersten halbstatischen Seil der Eintritt in den Markt der Industriekletterer. 2006 gründete das Familienunternehmen einen zweiten Produktionsstandort auf Madagaskar. 2015 erweiterte das auch heute noch im Gründungsort Vienne ansässige Unternehmen sein Portfolio um Zubehör des täglichen Bedarfs für Industrie und Rettung.