Damit Beschäftigte beim Arbeiten mit scharfem Werkzeug vor tiefen Schnittverletzungen geschützt sind, ist das Tragen von Schnittschutzhandschuhen in vielen Bereichen Pflicht. Musste der Arbeiter bislang zwischen filigranen Handschuhen mit niedrigem Schutz oder besserem Schutz und wenig Komfort wählen, stellt Hersteller Seiz nun eine Lösung vor, die alle Wünsche erfüllt.
Wer etwa im Metallhandwerk mit scharfkantigen Werkstücken hantiert oder größere Werkzeuge einspannt, kennt die Gefahr tiefer Schnittverletzungen an den Händen. Schutzhandschuhe sollen die Beschäftigten davor bewahren. „Diese mussten bislang möglichst fest und robust sein, um zuverlässigen Schnittschutz bieten zu können“, weiß Kay Wurst, der beim Handschutzhersteller Seiz als Vertriebsleiter Industrie tätig ist. „An Tragekomfort war dabei nicht zu denken, ebenso wenig wie an Fingerspitzengefühl.“ Das ist aber notwendig, um beispielsweise zu bearbeitendes Material in einer Stanzpresse zu positionieren oder um deren Klingen und Schneidkanten zu justieren.
Schnittschutzhandschuhe, die beide Kriterien erfüllen, also fein und zugleich sehr schnittfest sind, suchten Beschäftigte bislang vergebens. Der Grund dafür: Viele Schnittschutzhandschuhe bestehen etwa aus HDPE (High Density Polyethylene) oder Aramidfasern, die zwar schnittfest sind, aber auch recht dick und schwer. Dadurch sind der Tragekomfort und die Fingerfertigkeit der Beschäftigten stark eingeschränkt. „Häufig werden Schnittschutzhandschuhe auch aus ummantelten Glasfasern gefertigt, um hohe Schnittschutzstufen zu erreichen“, ergänzt Kay Wurst. „Glasfasern sind allerdings sehr spröde und brechen leicht. Diese Glasfaserbrüche, die der Träger mit bloßem Auge gar nicht erkennen kann, reduzieren den Schnittschutz.“ Eine weitere Alternative für den Schnittschutz sind eingestrickte Stahlfäden. Das Problem hierbei: Auch Stahl kann brechen.
Geheimnis liegt im Material
Inzwischen gibt es Lösungen für dieses Dilemma: Schutzhandschuhhersteller entwickeln Modelle, die robusten Schnittschutz bieten und zugleich dünn, feinfühlig und bequem sind. Das Geheimnis liegt dabei im Material. So hat sich in der Entwicklung Wolfram als wahres Wunderelement entpuppt: Es ist so schwer wie Gold, so hart wie Diamant und so hitzebeständig, dass selbst Eisen schon lange kocht, bevor Wolfram schmilzt. Wegen seiner Eigenschaften ist Wolfram in vielen Hightech-Industrien heute bereits unverzichtbar. Mittlerweile auch im Handschutz eingesetzt, bietet Wolfram den Trägern Handschuhe, die extrem hohe Schnittfestigkeit mit der dünnstmöglichen Strickart verbinden.
Touchscreen lässt sich bedienen
Auf dieses vielseitige Element setzt der Hersteller Seiz in seinem Modell „Tungsten 74“. Der Name erklärt sich wie folgt: Tungsten ist die englische Bezeichnung für Wolfram, die Nummer 74 steht im Periodensystem für dieses Element. Dieser nahtlos gestrickte Fünf-Finger-Schnittschutzhandschuh besteht aus feinen 18 Gauge. Zum Vergleich: 18 Gauge sind in etwa so dünn und fein wie eine Strumpfhose. Trotzdem verfügt der Tungsten dank der Faserkombination aus HPPE (High Performance Polyethylene)-Garn und Wolfram nach EN ISO 13997 über den höchstmöglichen Schnittwiderstand F. „Er ist also so dünn wie eine Strumpfhose, aber doppelt so hart wie Stahl“, fasst Kay Wurst zusammen. Die getauchte Innenhand und die getauchte Verstärkung aus Nitril zwischen Daumen und Zeigefinger sorgen zudem für eine gute Griffsicherheit, eine hohe Abriebfestigkeit sowie ein sicheres Handling trockener und nasser Teile. Auch digitale Maschinen-Bedienpulte oder -Steuergeräte lassen sich mit dem Touchscreen-fähigen Handschuh bedienen.
Unterschiedliche Prüfkriterien
Weil Hersteller von Schutzhandschuhen mittlerweile diese modernen Hochleistungsmaterialien einsetzen, wurde eine Überarbeitung, Verschärfung und Differenzierung der Prüfkriterien beim Schnittschutz erforderlich. Dazu trat Anfang 2017 die entsprechend modifizierte Norm EN 388:2016 für Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken in Kraft. Von der Änderung der EN 388 ist insbesondere die Schnittschutzprüfung betroffen: Für Schutzhandschuhe aus normalen Nichthochleistungsmaterialien wie etwa Leder wird weiterhin der sogenannte Coupe-Test (französisch für Schnittschutzprüfung) nach EN 388 eingesetzt: Dabei wird ein rotierendes Kreismesser, auf das eine Kraft von 5 Newton wirkt, auf einem Prüfmuster hin und her bewegt, bis dieses durchschnitten ist (maximal 60 Zyklen). Es wird dabei die Anzahl der Zyklen ermittelt, die nötig ist, um das Probenstück zu durchtrennen. Anhand dieses Ergebnisses wird der Schnittschutzlevel ermittelt (3, 4 oder 5). Wenn die Klinge stark abstumpft, muss nach der Änderung zusätzlich die Schnittschutzprüfung gemäß EN ISO 13997 durchgeführt werden.
Bestehen die Schutzhandschuhe dagegen aus Hochleistungsfasern wie beim Tungsten, wird in der überarbeiteten Version die EN ISO 13997, auch als TDM-Test bekannt, zwingend zum Standardprüfverfahren. Die Schnittfestigkeiten werden dabei nicht in numerische Leistungsstufen von 1 bis 5, sondern in Klassen von A bis F eingeteilt. Damit sind sie problemlos vom Coupe-Test nach EN 388 zu unterscheiden.
Bei dieser Schnittschutzprüfung wird die Haltbarkeit eines Handschuhs gegen einen scharfkantigen Gegenstand bei einem einmaligen Kontakt unter einem höheren Kraftaufwand bestimmt. Hierfür bewegt sich eine lange gerade Klinge einmalig über den geprüften Handschuh. Dabei wird die minimale Kraft zum Durchschnitt des geprüften Handschuhs nach 20 Millimetern bestimmt. Beim Tungsten müssen dazu mehr als 30 Newton Kraft aufgewendet werden, womit er den Wert F und somit den höchsten Schnittschutz erreicht. Weil er auch die Anforderungen an Tragekomfort erfüllt, eignet sich der Handschuh für sämtliche Einsatzbereiche, in denen die Beschäftigten – auch ganztägig – Schnittschutzhandschuhe tragen müssen.