Ein „rosa Hammer“ – das klingt mehr nach Mädchenspielzeug als nach hartem Handwerksjob. Doch über den Spruch „Mädchen, was willst du denn hier?“, kann Julia Pröll schon lange lachen. Er hämmerte sich in das Selbstbewusstsein der jungen Oberpfälzerin. Anfangs wurde sie noch belächelt – von den männlichen Kollegen in der Meisterschule der Steinmetze. Doch Julia Pröll ging ihren Weg.
Mit 20 war sie jüngste Meisterschülerin aller Zeiten in ihrem Beruf. Heute ist sie Juniorchefin im elterlichen Steinmetzbetrieb und zu beweisen braucht sie schon lange keinem mehr etwas. Das war ein harter Kampf für die Steinmetzmeisterin, der ihr vor allem eines brachte: Selbstbewusstsein. „Weil ich mich einfach durchsetzen musste!“ Julia – groß, schlank, lange dunkle Haare – fährt im Gabelstapler vor. Auf dem Lader liegt ein rotgemaserter Granitsteinblock. „Ich will nur eins nicht“, sagt die 29-jährige, „als dieses suggerierte Mannweib-Ding im Steinmetzberuf dargestellt werden“. Sie sei Steinmetzmeisterin geworden, weil sie einen Beruf wollte, in dem sie handwerklich gestalten kann.
Die tonnenschweren Steinquader überlässt sie inzwischen ohnehin lieber den zehn Angestellten des Familienbetriebs. Durchwegs Männer, die das für ihre Juniorchefin mit genauso viel Respekt erledigen wie für ihren Chef, Julias Vater, der ihr zu Beginn ihrer Handwerkerkarriere jenen rosa Hammer schenkte. „Frauenhammer“ nennt ihn seine Tochter, auf die der Vater sichtlich stolz ist. Seine Farbe sollte eigentlich nur männliche Kollegen von Julias Arbeitsgerät fernhalten und wurde irgendwie zu ihrem Markenzeichen seit dem ersten Ausbildungstag.
Schlag für Schlag trieb sie damit ihr Meisterstück aus dem harten Stein und bewies allen, was sie kann: Ihrem Vater, den Prüfern, den Meisterklässlern und vor allem sich selbst. Während ihre männlichen Kollegen weiche Specksteine formten, stemmte ihr Frauenhammer eine unglaublich präzise Welle für einen Altartisch aus einem richtig harten Brocken Stein. So hart, dass sie fast daran verzweifelte. „Der Gedanke ist das Produkt der Individualität“, meißelte sie in den gut eineinhalb Meter langen und einen Meter tiefen Monolith, der heute die Straßenfront des Firmengeländes ziert.
Julia hat es geschafft. Auf fahrbaren Arbeitstischen liegen Grabsteine unterschiedlichster Farben in ihrem „Atelier“, wie sie die 50 Quadratmeter am Eingang zur großen Betriebshalle nennt. Rötlich, grau, marmorfarben. Einen schiebt sie in die Mitte, tritt mit ihren „Black Eagle Safety 50 mid“ kräftig in die Bremsenfixierung. So ein Grabstein wiegt schnell mal 300-400 Kilo. Da muss der Wagen halten und der Schuh was aushalten, muss ein Gefühl von Sicherheit geben und soll doch gleichzeitig leicht und komfortabel sein. Auf Haix vertraut die Handwerkerin seit ihren ersten Ausbildungstagen.
Sie stülpt den gelben Gehörschutz über das schwarze Haar, klappt die Schutzbrille vor die Augen, wechselt kurz die Meißelspitze des Drucklufthammers und beginnt den Namen eines Verstorbenen in roten Granit zu gravieren. Julia Pröll liebt das Künstlerische an ihrem Beruf. Sie mag die verschiedenen Schrifttypen, die individuell gestalteten Applikationen. Sie zeichnet freihändig Namenszüge in altdeutschen Lettern auf die Gedenksteine. Sie gestaltet ein edles Treppenportal, sie nimmt millimetergenaues Maß für Küchenarbeitsplatten, sie führt Kundengespräche und manchmal steigt sie auch in den Gabelstapler oder greift zur großen Flex. „Die Abwechslung macht mir am meisten Spaß“, sagt die junge Schwandorferin, die in einem ausgesprochenen Männerhandwerk ihren Traumjob gefunden hat und sich sicher ist: „Der rosa Hammer wurde zu meinem Glücksbringer.“