Seit dem Sommer 2022 firmiert die D/A/CH-Zentrale des schwedischen Workwear-Spezialisten Fristads in neuen Räumlichkeiten in Norderstedt, einen Steinwurf entfernt vom Hamburger Flughafen. Der kreisrunde Bau beherbergt dabei nicht nur die Administration, zudem gibt ein umfangreicher Showroom Besuchern einen Einblick in das, was gerade bei Fristads aktuell ist.
Beim Rundgang fällt schnell auf, dass Fristads weit mehr als „nur“ Workwear bietet. Neben Kleidung mit Schutzfunktionen zum Beispiel gegen Störlichtbögen oder mit Warnschutz werden auch echte Spezialisten fündig. „Wir können auch Reinraumkleidung“, zeigt Marcus Gotthardt, Senior Marketing Manager D/A/CH, auf die Schutzanzüge in unterschiedlichen Farben und für unterschiedliche Funktionen. „Solche speziellen Lösungen bieten wir für die Lebensmittelindustrie genauso wie auch für hochsensible Bereich wie die Montage hochwertiger Leiterplatten.“
Während diese speziellen Lösungen vorrangig Zweckmäßigkeit und Schutz erfüllen müssen, sieht das bei Workwear, selbst bei der mit Schutzfunktion, schon etwas anders aus. Da steht als wesentliches zusätzliches Attribut der Komfort im Blickpunkt. Denn „Workwear muss funktionieren und bequem sein“, betont Gotthardt. Das erfüllt auch die neue Kollektion „Forsbo“, die Fristads jetzt im Markt einführt. „Das wird für Kunden die Einstiegskollektion in das Premium-Segment“, skizziert Gotthardt, in welcher Kategorie sich „Forsbo“ einreiht.
Unterschied liegt in der Ausstattung
Die neue Kollektion, die zunächst in vier Farben erhältlich ist, stellt so etwas wie die etwas einfachere Ausführung der bereits bewährten „Skarup“- Kollektion dar. Beide sind industriewäschetauglich und mit einer Umwelt-Produktdeklaration (EPD) versehen. „Der eigentliche Unterschied ist die Ausstattung bezüglich Nähten oder Taschenlösungen“, erläutert Gotthardt, „die Qualität der Materialien oder der Schnitte ist gleich gut.“ Letztlich soll die neue Kollektion als ein Sprungbrett in neue Märkte dienen. „Mit ,Forsbo´ können wir auch in Niedrigpreismärkten antreten.“
Neben dem Thema Nachhaltigkeit, das bei allen Unterfangen des Herstellers eine elementare Rolle spielt und auch detailliert in dem noch jungen Showroom erläutert wird, bekommt der Besucher auch einen Eindruck von dem neuen Sales-Konzept, mit dem Fristads im Herbst seine Fachhändler ausstatten will. „Wir werden ein einheitliches Verkaufs-Konzept ausrollen“, erklärt Thomas Syring, Geschäftsführer Zentraleuropa. Bislang hatte jede Region ein eigenes Ausstellungskonzept, das wird nun seitens Fristads vereinheitlicht. „Das dient ganz einfach auch der Wiedererkennung“, ergänzt Syring. „Der Kunde kommt zu einem Händler und erkennt sofort, wo die Produkte von Fristads zu finden sind. So erzielen wir mit einem kleinen Aufwand letztlich eine große Wirkung.“
Aktuell wird das Konzept noch einem letzten Feinschliff unterzogen, doch wird es sich definitiv um ein modulares System handeln, das mit einem hellen Holzton, der von dunklem Stahl kontrastiert wird, und dem Unternehmensschriftzug ins Auge springt. „Es ist ein ganz einfaches System mit unterschiedlichen Bausteinen, das jeder Händler einfach umsetzen kann“, sagt Syring. Angedacht ist es, dieses System in erster Linie fix mit der „Skarup“-Kollektion zu bestücken. „Wir bieten zu dem Shopsystem auch ein Booklet, wie die einzelnen Module idealerweise ausgestattet werden“, wurde laut Syring seitens Fristads an alles gedacht. „Entsprechend gibt es auch Vorschläge, wie Neuheiten, also zum Beispiel ,Forsbo`, idealerweise präsentiert werden.“ Die Umsetzung des Shop-Systems ist für den Herbst geplant.
Von Camillo F. Kluge
Reparatur als Dienstleistung
Fristads unternimmt einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Anbieter, indem ein erweiterter Reparaturservice für ausgewählte Kunden eingeführt wird. Das Ziel ist es, diesen Service im Laufe des Jahres 2024 weiter zu entwickeln, um ihn für immer mehr Kunden anbieten zu können.
In Zusammenarbeit mit ausgewählten Kunden in Schweden und den Benelux-Ländern wurden auf mehreren Märkten von Fristads Pilotprojekte für Reparatur als Dienstleistung gestartet. In der Anfangsphase sollen die Anforderungen und die Logistik des Reparaturservices ermittelt werden, mit dem Ziel, einen Service zu entwickeln, der den Kunden auf allen Märkten angeboten werden kann.
„Auch viele kleine Schritte ergeben einen großen.“
Seit gut 1000 Tagen ist Thomas Syring mittlerweile bei Fristads beschäftigt. Beim Besuch der Redaktion an dem Unternehmenssitz in Norderstedt nahm sich der Geschäftsführer Zentraleuropa Zeit für ein Gespräch mit der Redaktion.
Herr Syring, lassen Sie uns einen kleinen Blick zurückwerfen: Auf der A+A 2021, Ihrer ersten bei Fristads, hatten Sie sich einige Ziele gesteckt. In einem der umgesetzten, sprich der neuen Zentrale, sitzen wir gerade. Welche weiteren konnten Sie – trotz Corona – erreichen?
Thomas Syring: Was mir besonders wichtig ist, dass aus zwei bis dahin sehr eigenständigen Organisationen, also der deutschen Organisation, die bis Mitte 2021 noch unter Kansas gelaufen ist, sowie den in einer zweiten Organisation gebündelten weiteren süd- und westeuropäischen Ländern eine einzige Organisation geformt werden konnte. Das heißt, wir haben für diesen ganzen Bereich eine Vertriebs-, eine Marketingorganisation, die für einen gemeinsamen Außenauftritt sorgt. So sind wir mit der Zeit in der öffentlichen Sichtbarkeit weiter gewachsen. Zwar nicht in der Geschwindigkeit, wie man sich das wünscht und erhofft, aber letztlich ergeben auch viele kleine Schritte einen großen.
Es wurden auch weitere Entwicklungen vorangetrieben, ich denke da vor allem an das Thema Nachhaltigkeit.
Syring: Definitiv. Bereits vor gut fünf Jahren hat Fristads die erste Arbeitsbekleidung mit Umweltproduktdeklaration (Anm. d. Red.: Environmental Product Declaration, EPD)auf den Markt gebracht. Das war damals ein erster Schritt. Da man aber 18 bis 24 Monate Vorlauf rechnen muss, bis ein Produkt von der Entwicklung auf den Markt kommt, kann man erkennen, dass wir uns bereits seit gut sieben Jahren tatsächlich intensiv mit dem Thema beschäftigen. Man kann also schon sagen, auch wenn jetzt alle auf das Thema aufspringen, wir uns schon Jahre zuvor mit Nachhaltigkeit beschäftigt haben. Die erste umweltproduktdeklarierte High-Vis-Kollektion auf der A+A 2021 bedeutet für uns einen großen Meilenstein, auf dem wir aufgebaut haben. Unser Entwicklungsteam unter der Führung von Lena Bay ist die nächsten guten Schritte gegangen, hat die Standard-Artikel, die wir führen, mit der gleichen Philosophie vorangetrieben und umgestellt, viel an Nachhaltigkeitsthemen gebracht, den CO2-Ausstoß und den Verbrauch von Wasser weiter reduziert. Jetzt gehen wir den nächsten Schritt: Recycling.
Das heißt?
Syring: Wir haben hinterfragt: Wenn die alte Arbeitskleidung aufgebraucht ist, was passiert dann damit? Verbrennen ist nicht zielführend, aber man kann sie in die Schredderei geben. Da wird aus alter Kleidung eine neue Faser erstellt. Knöpfe und Reißverschlüsse werden aussortiert, aber aus den neuen Fasern, die gewonnen werden, lässt sich neuer Stoff weben. Unsere ersten Kreislaufprodukte kommen jetzt im April erstmals auf den Markt. Wir werden zwei Oberteile bringen, die zum Teil aus recycelter alter Arbeitsbekleidung hergestellt werden.
Wie ist denn der energetische Aufwand für diese Produktion? Rechnet sich das schon?
Syring: Ehrlicherweise muss man sagen, dass es aktuell noch günstiger für uns wäre, neue Fasern einzusetzen. Aber das entspricht nicht unserer Philosophie. Wir wollen einen Kreislauf herstellen. Der Aufwand, einen Artikel zu schreddern, ist groß, genauso daraus ein neues Garn zu erstellen. Der Energieaufwand ist relativ hoch. Immerhin verbrauchen wir aber deutlich weniger Wasser.
Wenn mehr Hersteller auf diese Art des Recycelns setzen würden, würden Aufwand und Kosten doch sinken?
Syring: Unterm Strich ist das immer eine Frage der Mindestbestellmenge. Natürlich ist es so, je größer die Nachfrage, desto mehr reduziert sich der Kosten- und Aufwandfaktor und somit der Preis im Einkauf.
Das bedeutet ja, wenn viele auf recycelte Garne setzen würden, dass sich das nicht nur energetisch, sondern auch preislich bemerkbar machen würde.
Syring: Ja, absolut, aber ich denke, da steckt noch eine größere Geschichte hinter. Was wir heute sehen, ist einfach nur Recyceln, ein neues Garn erstellen. Es wird bereits viel recycelt, aber die Abnehmer sind auch noch nicht da, wo sie sein müssten. Somit tritt das Problem auf, das es noch verhältnismäßig teuer ist.
Es ist also eine Frage, ob das im Markt ankommt?
Syring: Ich glaube, das ist genau das, was die Leute haben wollen. Sie wollen verstehen, was mit ihrer Arbeitsbekleidung passiert. Das ist für uns dann auch echte Nachhaltigkeit. Wir machen kein Greenwashing, sondern das klare Gegenteil. Und wir wollen das auch klar erläutern. Sprich wir sagen, dass wir mit deutlich weniger Wasserverbrauch produzieren, dennoch sehr hochwertig. Wir recyceln. Wir fangen früh mit der Nachhaltigkeit an, und zwar mit dem, was wir als Premium-Hersteller liefern: hochwertige Produkte, die lange halten.
Der erste Schritt zur Nachhaltigkeit.
Syring: Genau. Ein Arbeiter verschleißt in seinem Arbeitsleben vielleicht 100 normale Arbeitshosen. Setzt er aber auf hochwertige Produkte, braucht er vielleicht nur 66. Das verbraucht weniger Ressourcen, weniger Aufwand, belastet weniger die Umwelt. Dafür darf die Hose dann ein paar Euro mehr kosten.
Was sind denn Ihre Pläne für die nächsten Monate?
Syring: Wir haben eine gute Basis geschaffen haben, insbesondere in der Vertriebsorganisation. In den vergangenen Jahren sind wir jedes Jahr im zweistelligen Prozentsatz in der D/A/CH-Region gewachsen. Zudem sind wir profitabler geworden, sprich haben uns in allen Ländern sehr gut konsolidiert. Aus dieser stabilen Basis wollen wir jetzt weiter in der Vertriebsorganisation wachsen. Das bedeutet, dass wir jetzt Schritt für Schritt den Außendienst ausbauen werden. Wir werden unsere Vertriebsstrategie für den Händler und den Endkunden taktisch mit weiteren Ideen, weiteren Philosophien angehen. Dabei ist eine Geschichte, aktiver zu agieren, also als Hersteller klar zu zeigen, was wir haben, was wir können. Dabei wird auch unser neues globales Shopsystem für die Händler unterstützen, noch mehr Sichtbarkeit für die Marke zu bekommen. In der Summe wollen wir organisch und gesund wachsen, stabil sein, um unseren Kunden als ein verlässlicher Partner Workwear anzubieten.
Eine schöne Formulierung.
Syring: Heute sind Produkte vergleichbar, teilweise austauschbar. Es gibt Produkte, die sind teurer, es gibt welche, die sind günstiger. Also warum entscheide ich mich für eine Marke? Warum kaufe ich genau diese Marke? Warum arbeite ich mit den Menschen dieser Marke zusammen? Und das ist der wichtigste Punkt: Der Faktor Mensch ist die größte und wichtigste Komponente in unserem Business. Ich kann das beste Produkt haben, aber wenn die Nase des Gegenüber nicht passt… Daher zählt für mich zu meiner Philosophie, mit den Menschen sozial umzugehen und zu arbeiten. Und damit meine ich auch besonders meine Händler, mit denen wir offen, fair und ehrlich zusammenarbeiten.
Herr Syring, vielen Dank für das offene Gespräch.
Mit Thomas Syring sprach Camillo F. Kluge