Was gute Arbeitshandschuhe auszeichnet und warum es diese gewaltige Vielfalt an Handschuhen für Bau und Handwerk gibt, darüber gibt Lutz Kador im Interview Auskunft. Er ist Country Manager Deutschland beim Handschutz-Spezialisten Wonder Grip.
Herr Kador, wieso gibt es heutzutage eine solche Vielzahl verschiedener Arbeitshandschuhe? Vor einigen Jahren reichte doch noch ein einziges Modell für nahezu sämtliche Tätigkeiten in Bau und Handwerk.
Lutz Kador: Früher hat man einen Spaltleder-Handschuh mit Innennähten getragen, den man für alles angezogen hat. Dann kamen die Nitril-Handschuhe auf. Mittlerweile ist man dazu übergegangen, für spezielle Anwendungen mit einem entsprechenden Umfeld den Handschutz dieser speziellen Situation anzupassen, um für eben diese spezielle Situation optimalen Schutz zu bieten. Daher gibt es heute ein Vielzahl verschiedener Handschuh-Typen, die halt für unterschiedlichste Situation geeignet sind.
Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?
Kador: Es gibt Arbeitssituationen mit feuchter Umgebung, mit trockener Umgebung oder auch einmal mit einer öligen. Es gibt kalte oder auch heiße Arbeitsbereiche. Für jede dieser Umgebungen ist einfach ein anderer Handschuh nötig, um optimalen Schutz bei bestmöglicher Performance zu bieten. Mal ist er dicker und wärmt, mal ist er dünner, dann bietet er mehr Griffsicherheit oder ist darauf ausgelegt, das in heißen Umgebungen die Hände nicht schwitzen und die Feuchtigkeit ideal nach außen transportiert wird. Das ist der große Unterschied zwischen dem, was früher üblich war und heute.
Und das kommt auch beim Nutzer der Handschuhe so an?
Kador: Das spiegelt sich in der Akzeptanz wieder. Vor etwa 25 Jahren, das ist ja noch gar nicht so lange her, gab es so gut wie keine Akzeptanz für Arbeitshandschuhe. Da wurden nur in wenigen Arbeitsbereichen regelmäßig Handschuhe getragen, viele haben gesagt, sie könnten besser ohne arbeiten. Da aber Mitarbeiter auf Öle oder Emulsionen an der Haut auch früher schon reagiert haben, bietet die Handschuh-Industrie schon lange eine breite Vielfalt, allerdings wurden die lange Zeit von der Zielgruppe kaum beachtet. Die Akzeptanz ist erst in den letzten 15 Jahren rapide angestiegen.
Benötige ich denn in einem Beruf für unterschiedliche Tätigkeiten auch jedes Mal einen anderen Handschuh?
Zum Beispiel wenn ich als Maurer feuchten Mörtel anrühre, später eine Mauer setze, nutze ich da unterschiedliche Handschuhe?
Kador: Die BG Bau hat das vor einigen Jahren untersuchen lassen, weil es viele Unfälle gab, gerade im Umgang mit Fließbeton. Der beinhaltet nicht nur verschiedene Lösemittel, sondern auch Bindemittel, die jedoch recht aggressiv für die Haut sind. Entsprechend wichtig ist da der richtige Hand- und Hautschutz. Denn da gab es Fälle, wo Mitarbeiter mit den Händen viel im Fließbeton arbeiteten, und nach einer Weile die Haut regelrecht abgefressen wurde. Entsprechend hat die BG Bau ein Lastenheft erlassen, was bei den unterschiedlichen Tätigkeiten mit diesem aggressiven Mörtel an PSA zu tragen ist – übrigens nicht nur an den Händen.
Also sollte eigentlich beim Fertigstellen des Mörtels ein anderer Handschuh als beim Setzen der Steine genutzt werden?
Kador: Exakt!
Auf der Baustelle wechselt doch niemand ständig den Handschuh!
Kador: Das ist richtig. Aber es gibt Handschuhe, die dank ihrer Eigenschaften für mehrere Tätigkeiten geeignet sind. In diesem Fall gibt es Latexhandschuhe, dreiviertel getaucht. Da kann man mit den Fingern immer noch mit dem Mörtel oder Beton in Berührung kommen, um zum Beispiel eine Fuge auszustreichen oder so. Der Latexhandschuh ist da am widerstandsfähigsten, würde sich in dem Fall mit einem mittleren Schnittschutz D anbieten, der für die scharfen Kanten der Steine üblicherweise ausreichend ist.
Lässt sich allgemein formulieren, was einen guten Schutzhandschuh auszeichnet? Allgemein denkt man ja bei einem Latexhandschuh beispielsweise eher an schwitzige Hände.
Kador: Das ist der Punkt. Das Material, mit dem gearbeitet wird, soll ja nicht an die Finger kommen, daher wird ein dichter Handschuh benötigt. Der darf natürlich nicht zu dicht sein, damit ein Luftaustausch stattfinden kann. Handschuhe von Wonder Grip haben zum Beispiel 10 Gauge, also Maschen je Quadratzentimeter, da kann regelrecht durchgeschaut werden. Das ist bewusst so gestrickt, weil man eben viel mit der Hand arbeitet, durch die offenporigen Maschen kann die Hand gut abschwitzen.
Wonder Grip hat ja allein für den europäischen Markt mehr als 80 verschiedene Handschuhe im Angebot. Decken die quasi sämtliche Arbeitsbereiche und Arbeitssituationen ab?
Kador: Es gibt einige Bereich wie zum Beispiel Schweißhandschuhe oder Kettenhandschuhe, die wir nicht anbieten. Aber für die üblichen industriellen und handwerklichen Anwendungen stellen wir eine breite Palette zur Verfügung.
Was macht Handschuhe von Wonder Grip besonders?
Kador: Da ist zunächst unsere komplett eigene Wertschöpfungskette zu nennen. Das heißt, wir spinnen unser Garn, aus dem wir den Handschuh stricken, selber. Dabei ist es egal, ob es sich um einen klassischen Arbeitshandschuh handelt, oder ob es sich um einen Schnittschutzhandschuh mit hohem Level handelt, das Garn wird von uns gesponnen und wir stricken den Handschuh aus einer Faser. Diese eine Faser enthält dann all das, was für die Schutzfunktion des jeweiligen Handschuhs nötig ist.
Das ist aber nicht alles, oder?
Kador: Nein, denn unsere Handschuhe werden mit „krummer Hand“ getaucht. Das bedeutet, sie werden so getaucht, wie die natürliche Handhaltung im Ruhezustand ist, nämlich leicht gekrümmt. Grade und gestreckt findet sich eine Hand im Alltag eigentlich nie. So bilden sich nicht nur weniger schnell Risse oder sonstige Schäden in der Beschichtung, auch muss die Hand nicht gegen die Beschichtung der „graden Hand“ arbeiten, sondern wird in ihrer natürlichen Haltung unterstützt und ermüdet so weniger schnell. Die Beschichtung mit „krummer Hand“ ist sicherlich schwieriger zu produzieren, aber das ist halt das Know-how, über das Wonder Grip verfügt.
Lassen sich Handschuhe recyceln?
Kador: Nein, das macht keinen Sinn. Wir entwickeln stattdessen seit vielen Monaten an einem echten Recycling-Handschuh. Das heißt, wir nehmen PET, crashen und verflüssigen das und ziehen daraus einen Faden. Aus diesem Faden produzieren wir einen Handschuh. Da gibt es jetzt erste Prototypen. Die Frage ist nur, ob der Markt bereit ist, dafür zu bezahlen, denn die Fertigung ist schon ein stückweit teurer als bei einem normalen Handschuh. Die Beschichtung lässt sich allerdings nicht aus recyceltem Material fertigen – noch nicht. Das lassen wir übrigens von einem unabhängigen Institut überwachen, damit das auch offiziell zertifiziert wird.