Erst in den letzten Jahren hat sich die Medizin intensiver mit den Faszien beschäftigt und ihre Wichtigkeit für die Bewegungsabläufe und Funk- tionalität des Körpers erkannt. Der Humanbiologe Dr. Robert Schleip zählt zu den Pionieren auf dem Feld der Faszienforschung. Im Gespräch mit der Redaktion gab er gemeinsam mit Stefan Schmidt, Pressesprecher bei Haix, Auskunft über die Wirkungsweise der „Connexis Safety“-Sicherheitsschuhe auf das Fasziennetz.
Herr Dr. Schleip, können Sie bitte grob skizzieren, was Faszien sind?
Dr. Robert Schleip: Faszien sind im Prinzip das, was man sonst als Bindegewebe bezeichnet, also alle faserigen, weichen Bindegewebe wie beispielsweise Muskelhüllen. Aber mittlerweile wird auch das intramuskuläre Bindegewebe dazugezählt, grob gesagt alles faserige kollagenhaltige Bindegewebe im Körper.
Und die Faszien haben welche Aufgaben?
Dr. Schleip: Früher war man der Ansicht, es handele sich lediglich um eine äußere Hülle, damit der Körper nicht auseinander fällt. Erst in den letzten Jahren hat man sich mit den Faszien intensiver befasst und festgestellt: Man muss noch einmal die komplette Anatomie des Bewegungsapparates neu durchdenken. Denn die meisten Muskeln übertragen nicht allein ihre Kraft von Ansatz zu Ursprung, da ein beträchtlicher Teil der Muskelfasern gar nicht in den knöchernen Ansatz geht, sondern in die Faszienhülle. Beim „Gluteus maximus“ beispielsweise, dem größten Gesäßmuskel, gehen deutlich mehr als die Hälfte der Fasern nicht in den Oberschenkelknochen, sondern zielen über die hosenartige Umhüllung in den gesamten Oberschenkel. Diese fasziale Hülle geht bis in das Unterbein weiter. So hat man festgestellt, dass der „Gluteus maximus“ nicht nur die Kniestabilität, sondern sogar die des Sprunggelenks mit beeinflusst. Das ist ein Beispiel von vielen dafür, dass die gesamte muskuläre Kraftübertragung noch einmal neu erforscht werden muss, weil die Faszien einfach einen wesentlich größeren Beitrag zum Bewegungsapparat leisten, als man zuvor angenommen hat.
Das ist ja erstaunlich…
Dr. Schleip: … aber noch nicht alles. Die Faszien sind auch unser reichhaltigstes Sinnesorgan für die Körperwahrnehmung. Das ist eine ganz neue Erkenntnis, dass die Faszien als körperweites Zug-Spannungs-Organ einen Körperwahrnehmungs- und Bewegungssinn ermöglichen, der bei uns Menschen hinsichtlich der Reichhaltigkeit der Nervenenden bei Weitem die Nummer Eins ist. Das ist spannend, denn viele Schmerzen im Bewegungsapparat wie Rückenschmerzen haben ihren Ursprung in den Faszien. Auch bei der gesunden Körperwahrnehmung spielen die Faszien eine ganz große Rolle.
Was haben nun Faszien und Schuhe miteinander zu schaffen?
Dr. Schleip: Beide kümmern sich um die Gesundheit nicht nur der Füße. Ich hatte ja schon das Beispiel des „Gluteus maximus“ genannt, der über myofasziale Ketten bis ins Sprunggelenk wirkt. In Zusammenarbeit mit Haix hatte nun mein Kollege Dr. Norbert Becker die Idee, die am besten erforschte Kraftübertragungskette dieser myofaszialen Schlingen, das ist die oberflächliche Rückenlinie, über den Schuh zu stimulieren. Dann spricht er mit der Spiralfaszie noch eine zweite wesentliche Linie an und will so nahezu die gleiche Stimulation im Fuß erzeugen wie beim natürlichen Barfußgehen. Es häufen sich nämlich Erkenntnisse, dass unsere Füße immer mehr verkümmern durch eine „nicht artgerechte“ Lebensführung. Unsere Füße müssten eigentlich viel kräftiger sein, eine ganz andere Form haben. Da aber schlecht alle barfußlaufen können, besonders nicht am Arbeitsplatz, müssen wir schauen, wie wir die Füße sinnvoll stimulieren. Die Connexis-Schuhe von Haix versuchen sozusagen, wie beim „artgerechten“ Gehen aktiv den Fuß zu stimulieren. Das funktioniert insbesondere über die Stimulationen der Spiralfaszie und eben der oberflächlichen Rückenlinie, die über den Schuh angeregt werden.
Kann man sich das ähnlich wie bei der Akkupunktur vorstellen, wo ja auch bestimmte Stellen stimuliert werden, um an anderer Stelle im Körper Wirkung zu erzielen?
Dr. Schleip: Tatsächlich ist das eine mittlerweile bestätigte Forschungsrichtung, dass die meisten der Meridiane tatsächlich da liegen, wo das Fasziennetzwerk Verdichtungen hat. Da finden sich auch viele Gefäßnervenbündel, es passt also sehr gut mit den myofaszialen Ketten zusammen.
Was bringt das Tragen eines Connexis-Schuhs längerfristig?
Dr. Schleip: In einer Studie kam von allen Probanden das Feedback, dass sich der Fuß angenehmer, wohler anfühle. ForschungsLaut Studie sorgt der „Connexis Safety“ für eine Reduzierung von Schmerzen im Fuß. … ist Humanbiologe und Professor an der TU München. ergebnisse haben ergeben, dass der wichtigste Faktor, um die Anfälligkeit für Überlastungsschäden zu reduzieren, lautet, dass der Schuh bequem ist. Der Fuß fühlt sich offensichtlich wohl in dem Schuh und wir vermuten, dass der Fuß langfristig auch aktiver ist, dass die Zehen wieder kräftiger werden. Das deutet sich an, aber das müssen Forschungsergebnisse noch bestätigen.
Ich hätte vermutet, dass beim ersten Tragen eines Connexis-Schuhs sich das ungewohnt oder sogar unangenehm anfühlt, schließlich passiert ja mit meinem Fuß etwas Ungewohntes.
Dr. Schleip: Das hätte ich auch erwartet, es war aber tatsächlich nicht so. Das liegt dann auch an anderen Dingen, nämlich dass Haix außer faszienfreundlichen Komponenten auch einige andere Faktoren dem Schuh beigefügt hat. So ist zum Beispiel das vordere Fußbett nicht rinnenförmig sondern gerade gestaltet. Das sind solche zusätzlichen Elemente, die eben nicht nur die Faszien stimulieren, sondern zugleich artgerechtes und bequemes Gehen erlauben.
Stefan Schmidt: Wirklich nur ganz vereinzelt hat jemand aus der Studie beim ersten Anziehen gesagt, dass sich der Schuh ungewohnt anfühle. Im Gegenteil empfanden die meisten schon in den ersten Minuten den Schuh als äußerst angenehm.
Welche weitergehenden Erkenntnisse hoffen Sie zu gewinnen?
Dr. Schleip: In unseren Untersuchungen werden wir ein besonderes Augenmerk darauf legen, ob die Personen, die regelmäßig „Connexis Safety“ am Arbeitsplatz tragen, weniger Arbeitsausfallzeiten wegen Rückenschmerzen haben, heute Ursache Nummer eins für Verdienstausfall und Belastung der Volkswirtschaft. Wobei alleine das Tragen „artgerechter“ Schuhe sicher nicht ausreicht, aber es könnte ein wesentlicher Baustein sein, solche Ausfallzeiten zu minimieren.
Ist das viel Aufwand, diese Faszienstimulation in den Schuh zu integrieren? Oder warum werden seitens Haix nicht nur noch Schuhe mit diesem System produziert?
Stefan Schmidt: Bislang gibt es den „Connexis Safety“, einen Sicherheitsschuh für Indoor, und den „Connexis Go“, ein Freizeitschuh-Modell. Als nächstes wird die „Safety“-Reihe um ein Modell für draußen erweitert. Das werden regelrechte Arbeitsstiefel mit Obermaterial Leder, Durchtrittsschutz und allem, was auf der Baustelle und im Handwerk benötigt wird. Wir arbeiten auch daran, die Connexis-Technologie in weiteren Feldern zu integrieren. Das ist natürlich ein gewisser Aufwand. Zum einen benötigt die Entwicklung Zeit, zum anderen ist der Leisten, auf dem der Schuh hergestellt, vollkommen neuartig, weshalb auch die Produktion entsprechend umgestellt werden muss. Zudem sind wir ja mit Connexis erst gestartet und haben jetzt erst diese prima Ergebnisse der Studie und die tollen Rückmeldungen bekommen. Damit haben wir die Bestätigung, dass es funktioniert, und nun können wir den nächsten Schritt gehen. Es wird noch in diesem Jahr einiges an Connexis auf den Markt kommen.
Man darf also definitiv festhalten, dass das Thema Faszien nicht eine vergängliche Modeerscheinung ist.
Dr. Schleip: Tatsächlich wurde das von einigen Seiten als kurzlebiger Trend der Fitness-Szene abgestempelt. Aber seit gut anderthalb Jahren lässt sich feststellen, dass das Thema zu einem wesentlichen nachhaltigen Teil der Gesundheitsvorsorge geworden ist. Da macht es dann auch Sinn, weiter zu investieren, so wie es jetzt eben Haix mit den Schuhen macht. Das ist keine Eintagsfliege, weil Faszien gerade in Mode sind, sondern es handelt sich um einen allseits bestätigten, sinnvollen und notwendigen Beitrag zur Gesundheit.
Von Camillo F. Kluge
Dr. Robert Schleip
… ist Humanbiologe und Professor an der TU München.