Unlängst wurde die neue Fassung der Norm für Sicherheitsschuhe als DIN EN ISO 20345:2022 veröffentlicht. Welche Änderungen es zur bis dahin gültigen Normfassung DIN EN ISO 20345:2012 gibt und was wann beachtet werden muss, beantwortet Andrea Allerdings vom Technischen Händler Haberkorn.

Über viele Jahre hat sich die Norm für Sicherheitsschuhe nur minimal verändert. Die jüngste Überarbeitung der Norm gleicht einer kleinen Revolution. Erstmals können vollkommen wasserdichte Sicherheitsschuhe eigens zertifiziert werden, und zwar mit den Klassen S6 und S7. Auch bei der Durchtrittsicherheit gibt es eigene Prüfmethoden für metallische und nichtmetallische Zwischensohlen sowie für unterschiedliche Nagelstärken. Bei außenliegenden Überkappen, die dem Produktschutz dienen, wird neuerdings die Abriebfestigkeit gemessen. In der Summe sind viele nützliche Neuerungen in die Überarbeitung der Norm für Sicherheitsschuhe geflossen – ein echter Mehrwert für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Ab wann gilt die neue Norm und was gilt im Übergang?
Die Zertifizierung nach der neuen Normfassung EN ISO 20345:2022 gilt für Sicherheitsschuhe, die nach dem 30. März 2023 in den Handel kommen. Sicherheitsschuhe, die zu diesem Zeitpunkt schon auf dem Markt sind und ein gültiges Zertifikat haben, müssen erst mit Ablauf dieses Zertifikats nach der neuen Norm zertifiziert sein. Daher werden noch eine Weile Sicherheitsschuhe nach der alten und der neuen Normfassung parallel auf dem Markt sein.
Die Norm DIN EN ISO 20345 unterscheidet zwischen Grund- und Zusatzanforderungen, zu denen es in der neuen Normfassung EN ISO 20345:2022 Änderungen gibt. Um als Sicherheitsschuhe (Kennzeichnung SB) bezeichnet werden zu können, müssen Schuhe Grundanforderungen erfüllen, die bereits in der bisher gültigen Normfassung definiert waren. Zu den bisherigen kommt in der neuen Normfassung eine weitere Grundanforderung hinzu: Die Rutschsicherheit auf Bodenfliesen wird per Test mit einer Art Seifenlauge/Natriumlaurylsulfatlösung (NaLS) ermittelt. Falls der Test nicht möglich ist, wird der Schuh mit dem Symbol Ø gekennzeichnet (zum Beispiel Schuhe mit Spikes).
Darüber hinaus gibt es je nach Einsatzbereich beziehungsweise Art der Gefährdung am Arbeitsplatz Zusatzanforderungen. Folgende Änderungen und Ergänzungen ergeben sich aus der neuen Normfassung für die Zusatzanforderungen:
Rutschhemmung – neue Kennzeichnung SR und modifiziertes Prüfverfahren:
Die neue Kennzeichnung SR (Slip Resistance) erhalten Sicherheitsschuhe, die einen Rutschtest auf Keramikfliesen mit Glyzerin bestehen. Die bisher verwendeten Kennzeichnungen SRA, SRB und SRC entfallen.
Durchtrittsicherheit – neue Bezeichnung „Widerstand gegen Durchstich“ und neue Symbole:
Die Durchtrittsicherheit wurde bisher mit dem Symbol P gekennzeichnet. Nach der neuen Normfassung wird die Durchtrittsicherheit mit Widerstand gegen Durchstich bezeichnet. Zudem gibt es drei neue Symbole, die sich in der Art des Durchtrittschutzes und dem jeweiligen Testverfahren unterscheiden.
Kraftstoffbeständigkeit – Kennzeichnung FO ist eine mögliche Zusatzanforderung:
Bisher wurde die Kraftstoffbeständigkeit der Sohle mit der Kennzeichnung FO bezeichnet, sie war für die Schutzklassen S1 bis S5 vorgeschrieben. Nach der neuen Normfassung ist die Kennzeichnung FO in den möglichen Zusatzanforderungen zu finden.
Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme des Schuhoberteils – WRU wird zu WPA:
Die bisherige Zusatzanforderung WRU (Water Repellent Upper) für wasserabweisende Eigenschaft des Schuhoberteils wird nun WPA (Water Penetration and Absorption) bezeichnet.
Wasserdichtheit des Schuhs (WR) – neue Schutzklassen S6 und S7:
Schuhe mit einer wasserdichten Ausstattung fallen in die neuen Schutzklassen S6 und S7.
Leitergrip (LG):
Die neue optionale Zusatzanforderung LG gibt an, ob der Schuh besseren Halt auf Leitern bietet. Im Gelenkbereich der Laufsohle des Sicherheitsschuhs muss dafür ein Querprofil mit einer Mindesthöhe von 1,5 Millimeter verlaufen.
Überkappenabrieb (SC):
Ergänzt wurde auch die optionale Zusatzanforderung SC für den Abrieb der Schutzkappe. Nach dem Martindale-Abriebtest (8.000 Zyklen) darf die Überkappe dafür keine Löcher durch die ganze Dicke aufweisen.
Zugerichtete Sicherheitsschuhe:
Nach der neuen Normfassung werden orthopädisch zugerichtete Sicherheitsschuhe in drei Typen unterteilt, für die neue Anforderungen gelten:
Typ 1: Sicherheitsschuhe mit zugerichteten Einlegesohlen
Getestet werden Einlegesohle (Wasseraufnahme/-abgabe, Wasserdurchlässigkeit, Abriebwiderstand, Chrom VI, pH-Wert) und Zehenschutz, zudem gibt es Tests zu den angegebenen Zusatzanforderungen.
Typ 2: modifizierte Sicherheitsschuhe
Modifizierte Sicherheitsschuhe sind im Laufsohlenbereich zugerichtet. Kombinationen aus Typ 1 und Typ 2 sind möglich. Getestet werden: Laufsohle (Abriebwiderstand, Biege- und Reißfestigkeit, Hydrolyse-Resistenz, Schichtentrennkraft bei Mehrschichtenschuhen), Trennkraft zwischen Sohle und Schuhoberteil, Rutschhemmung, Zehenschutz; zudem gibt es Tests zu den angegebenen Zusatzanforderungen.
Typ 3: maßgefertigte Sicherheitsschuhe
Maßgefertigte Sicherheitsschuhe müssen alle Grundanforderungen und die erwünschten Zusatzanforderungen erfüllen.
Wann sollten Sicherheitsschuhe generell ausgetauscht werden?
Sicherheitsschuhe sollen vor Gefahren schützen und gesundheitliche Schäden verhindern. Dafür sollten die Schuhe in einem guten Zustand sein, Orientierung gibt die EN ISO 20345. Berufsgenossenschaften empfehlen den regelmäßigen Austausch des Schuhwerks – vor allem dann, wenn die Schutzausstattung beschädigt oder stark abgenutzt ist. Je nach Einsatzbereich und Beanspruchung der Sicherheitsschuhe können diese unterschiedlich schnell abgenutzt oder beschädigt sein.
Auftreten können unter anderem:
Deformierungen an Schuhoberteil oder Laufsohle, teilweise Abtrennung von Laufsohle und Schuhoberteil, Höhe des Laufsohlenprofils niedriger als 1,5 Millimeter, Beschädigung des Zehenschutzes, starker Abrieb des Obermaterials, Rissbildung, defekte Verschlüsse oder aufgetrennte Nähte und weitere.