Bauartbedingt gehören Formatkreissägen zu den Maschinentypen mit einem hohen Verletzungsrisiko. Die Konsequenz: Verschiedene Hersteller haben sich der Entwicklung von Sicherheitsassistenzsystemen angenommen. Doch gibt es ein System, das Verletzungen nicht nur abmildert, sondern mit hoher Zuverlässigkeit verhindert? Das Fraunhofer IPA liefert Antworten, bei denen das „Hand Guard“-System der Altendorf Group optimal abschneidet.
In Deutschland passieren pro Monat bis zu 120 meldepflichtige Unfälle in Verbindung mit Formatkreissägen. Die damit einhergehenden Kosten für Arbeitsausfälle und medizinische Behandlungen sind immens. Ein effektives Sicherheitsassistenzsystem würde einen wichtigen Nutzen für die Handwerksbetriebe sowie einen gesamtgesellschaftlichen Vorteil mit sich bringen. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA hat zwei aktuelle Sicherheitsassistenzsysteme unter die Lupe genommen – unter anderem das kürzlich durch die Berufsgenossenschaft Holz und Metall zertifizierte „Hand Guard“-System der Altendorf Group.
Zwei Prinzipien untersucht
Der Untersuchung des Fraunhofer IPA liegen Ergebnisse zu kapazitiven- und kamerabasierten Sicherheitsassistenzsystemen zugrunde. Bei beiden Prinzipien wird mit einer geeigneten Sensorik zunächst eine Gefahrensituation erkannt, um anschließend das Sägeblatt in kürzester Zeit aus dem Gefahrenbereich zu entfernen und so eine Verletzung der Hand zu verhindern. Bei den Untersuchungen wurden typische Arbeitsgeschwindigkeiten aus der Praxis angewendet (0,2 m/s = langsame Arbeitsgeschwindigkeit, bis zu 2,0 m/s = typische Abrutschgeschwindigkeit).
Da gerade bei schnellen Handbewegungen im Arbeitsalltag die meisten Unfälle mit schwersten Verletzungen passieren, wurde darauf besonderes Augenmerk gelegt. Kapazitive Systeme reagieren unter anderem auf die Anwesenheit menschlichen Gewebes. Wurde eine Gefahrensituation erkannt, löst das System die Sicherheitsfunktion aus. Aufgrund seiner geringen Sensorreichweite und der damit einhergehenden nur wenige Millimeter vor dem Sägeblatt liegenden Auslöseschwelle, bietet es jedoch nur bei langsamer Arbeitsgeschwindigkeit Schutz vor schweren Verletzungen.
Größerer Raum überwacht
Das bei „Hand Guard“ angewendete kamerabasierte System hingegen überwacht einen weiten Raum rund um das Sägeblatt. Sobald mithilfe des Kamerasystems in diesen Raum eindringende Hände erfasst werden, senkt sich das Sägeblatt ab. Finger und Hände kommen dadurch gar nicht erst mit der Verletzungsquelle in Berührung. Selbst bei Annäherungsgeschwindigkeiten von 2 m pro Sekunde löst das System rechtzeitig aus und verhindert auch in diesem Fall Verletzungen.
„Das Fraunhofer IPA hat Messungen an unterschiedlichen Sicherheitssystemen für Formatkreissägen durchgeführt: es wurden die zwei aktuell am Markt verfügbaren Systeme, kapazitive und kamerabasierte Sensortechnologien, untersucht. Im Ergebnis haben sowohl das kapazitive als auch das kamerabasierte System bei den gewählten Versuchsbedingungen zuverlässig die Prüfkörper erkannt und zum Absenken der Sägeblätter geführt. Allerdings konnte nur das kamerabasierte System bei allen Versuchen Beschädigungen der Prüfkörper vermeiden.“, so Dr. Christoph Birenbaum, Gruppenleiter Fertigungssysteme, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA.