Die nächste Sanierungswelle wirbelt Staub auf, und der kann krank machen. Sind nämlich Beschäftigte beim Bauen im Bestand wiederholt Stäuben ausgesetzt, kann das zum Problem werden. Denn in vielen Bestandsbauten schlummern Gebäudeschadstoffe, die schwere und sogar tödlich verlaufende Atemwegserkrankungen verursachen können. Deshalb darf beim Bauen im Bestand der Arbeitsschutz nicht zu kurz kommen. Dazu gehört vor allem auch der Schutz vor Staub, wie Andrea Bonner von der BG BAU erläutert.
Wo gearbeitet wird, entsteht Staub. Das gilt für nahezu alle Tätigkeiten auf Baustellen – egal ob bei Abbruch- oder Sanierungsarbeiten, bei Renovierungsmaßnahmen oder bei der Baustellenreinigung. In der Regel sind Bauhandwerkerinnen und -handwerker dabei mit mineralischen Mischstäuben z. B. aus Sand, Kalk, Gips, Zement oder Beton konfrontiert, die auch Quarzstaub enthalten. Bei Tätigkeiten in älteren Gebäuden kann ein weiterer Gefahrstoff hinzukommen, und zwar Asbest. Der Einsatz von Asbest ist in Deutschland zwar seit dem 31. Oktober 1993 verboten, bis dahin aber wurde der einstige „Wunderstoff“ aufgrund seiner technischen Eigenschaften in vielen Bauprodukten verwendet und so versteckt sich Asbest auch heute noch z. B. in Dacheindeckungen und Fassadenplatten, in Sanitärrohren oder Brandschutzisolierungen, in Bodenbelägen, Putzen, Spachtelmassen oder Fliesenklebern.
Solange Asbest verbaut und fest gebunden ist, geht von dem Stoff in der Regel keine Gefahr aus. Wenn aber Löcher gebohrt, Rohrleitungen ausgebaut oder Tapeten, Dacheindeckungen und Fußbodenbeläge entfernt werden sollen, können Asbestfasern freigesetzt und eingeatmet werden. Letztlich kann also jedes Handwerksunternehmen, das in älteren Gebäuden arbeitet, auch heute noch mit Asbest in Kontakt kommen. So sind mit der energetischen Gebäudesanierung Gefährdungen durch Asbest zu beachten. Auch deshalb dürfen Unternehmen und Beschäftigte beim Bauen im Bestand den Arbeitsschutz nicht vernachlässigen. In der Gefährdungsbeurteilung sind mögliche Gesundheitsgefahren für die Beschäftigten zu ermitteln und entsprechende Maßnahmen zum Schutz vor gesundheitsschädlichem Staub und Faserstäuben festzulegen.
Warum Staub gefährlich ist
Bei hoher Belastung kann jede Art von Staub, sei es Holz-, Gips-, Blei- oder Faserstaub, die Gesundheit gefährden und zu schweren Atemwegserkrankungen führen. Staub ist Ursache vieler Berufskrankheiten in der Bauwirtschaft. Besonders gefährlich sind Quarz- und Asbestfaserstäube. So kann Quarzstaub nicht nur zu Silikose und Siliko-Tuberkulose führen, sondern auch zu Lungenkrebs. Und werden Asbestfasern eingeatmet, setzen diese sich im Lungengewebe oder auch im Brust- und Rippenfell fest und können Asbestose, Lungenkrebs und Mesotheliome – das sind Tumore in der Pleura (Brustfell) – verursachen.
Lungenkrebs in Verbindung mit Asbestose gehört im Bauhandwerk noch immer zu den häufigsten Berufskrankheiten, und Asbest ist bei den Versicherten der BG BAU sogar die häufigste Todesursache. Allein im Jahr 2022 sind 320 Versicherte aufgrund einer asbestbedingten Berufskrankheit gestorben. Auch die Zahl der Neuerkrankungen nahm im vergangenen Jahr zu. So wurden der BG BAU 2022 insgesamt 2.414 neue Verdachtsfälle für Berufskrankheiten im Zusammenhang mit Asbest gemeldet.
Asbestfasern, die beim Bauen im Bestand freigesetzt werden, gefährden im Übrigen nicht nur jene, die auf den Baustellen arbeiten, sondern unter Umständen auch Menschen in der Umgebung, also beispielsweise Bewohnerinnen und Bewohner der betreffenden Häuser oder Anrainer. In diesem Zusammenhang dürfte interessant sein, dass freigesetzte Asbestfasern sehr lange Zeit in der Luft bleiben und eingeatmet werden können. Asbest ist also ein nach wie vor aktuelles Problem, das vor dem Hintergrund der energetischen Ertüchtigung von Bestandgebäuden zumindest mittelfristig nicht kleiner wird.
Andrea Bonner
… ist seit fast 25 Jahren als Referentin bei der BG BAU. Ihr Sachgebiet ist Sanierung und Bauwerksunterhalt, wozu auch Stoffliche Gefährdungen zählen.
Schutz vor Asbestfaserstäuben
Weil die Verwendung von Asbest erst im Oktober 1993 verboten wurde, ist bei Gebäuden, die bis dahin errichtet oder umgebaut wurden, immer davon auszugehen, dass Asbest vorhanden sein kann. Deshalb gilt: Soll im Bestand gebaut werden, ist vor Beginn der Arbeiten eine genaue Recherche und gegebenenfalls Materialanalyse durch Probenentnahmen erforderlich. Kann der Verdacht auf Asbest durch diese Recherchen nicht widerlegt werden, gibt es besondere Anforderungen an die technische Ausrüstung und auch an die Qualifikation der Beschäftigten. Welche konkreten Schutzmaßnahmen erforderlich sind, müssen Unternehmen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festlegen. Für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und zur Beaufsichtigung der Tätigkeiten sind sachkundige Personen gefragt.
Die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 519 fasst zusammen, was bei Tätigkeiten mit Asbest und asbesthaltigen Materialien bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten und bei der Abfallbeseitigung zu beachten ist. Zuvorderst kommt es darauf an, möglichst emissionsarm zu arbeiten. Wo sich Staub nicht vermeiden lässt, muss er abgesaugt und gefiltert werden. Wichtig ist, dass sich Asbestfasern nicht in andere Bereiche verteilen können. Deshalb sind asbestbelastete Arbeitsbereiche auch durch staubdichte Abschottungen und Schleusen abzutrennen. Außerdem müssen die Beschäftigten staubdichte Schutzanzüge und Atemschutzmasken tragen.
Damit die Beschäftigten, die mit asbesthaltigen Materialien arbeiten, in der Lage sind, die Arbeiten sachgerecht und sicher auszuführen, gibt es besondere Anforderungen an deren Qualifikation. Die theoretischen Inhalte vermittelt u. a. das E-Learning-Programm „Grundkenntnisse Asbest“ der BG BAU.
Finanzielle Förderung für Schutzmaßnahmen
Um ihre Mitgliedsunternehmen bei der Zusammenstellung einer Basisausstattung zum Schutz vor Staub zu unterstützen, hat die BG BAU mit dem „Schutzpaket für das Bauen im Bestand“ sieben Maßnahmen zusammengefasst, die in ihrer Kombination die Belastungen durch Staub, Faserstäube und luftgetragene Gefahrstoffe in der Atemluft der Beschäftigten deutlich reduzieren.
Zum „Schutzpaket Bauen im Bestand“ gehören:
- Handmaschinen mit Absaugung
- Bauentstauber der Staubklasse H
- Luftreiniger oder Unterdruckhaltegräte der Staubklasse H
- Staubschutztür in faltbarer Ausführung in-Kammer-Personenschleuse in faltbarer Ausführung
- inwegschutzanzüge der Kategorie III Typ 5/6
- temschutz-Halbmasken mit P3-Filter
Unternehmen, die in diese kombinierten Schutzmaßnahmen investieren, können 50 Prozent der Anschaffungskosten, maximal 5.000 Euro, von der BG BAU erstattet bekommen.
Acht Tipps für weniger Staub am Bau
- Staubarme Materialien verwenden: Granulate oder fertig angemischte Mörtel- oder Spachtelmassen statt pulverige Bauprodukte zum Anmischen
- Staubarme Verfahren wie Nass- oder Feuchtbearbeitungsverfahren anwenden
- Staub an der Entstehungsstelle absaugen – absaugende Maschinen und Geräte verwenden
- Arbeitsräume ausreichend lüften, bei hoher Staubbelastung Lüftungsgeräte mit Abluftfilterung einsetzen
- Maschinen und Geräte zur Stauberfassung regelmäßig prüfen und warten
- Staub mit Wasser niederschlagen
- Arbeitsbereiche regelmäßig reinigen: nicht trocken kehren oder abblasen, sondern Staubsauger
oder Kehrsaugmaschinen benutzen - Staubablagerungen oder Schutt sofort beseitigen, um Staubaufwirbelung oder Staubausbreitung
zu verhindern